Finanzklemme: Kreditkrise holt die Oligarchen ein

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Dunkle Wolken über den Österreich-Investments des Milliardärs Oleg Deripaska: Seine Magna-Beteiligung hat er schon verloren, sein Strabag-Aktienpaket wackelt.

Wien. Wie viele andere Aktionäre auch hatte der Mann sein Aktienpaket auf Kredit gekauft – und diesen Kredit mit den gekauften Aktien besichert. Als die Kurse ins Bodenlose zu fallen begannen und der Kreditnehmer keine zusätzlichen Sicherheiten bieten konnte oder wollte, zog die Bank – dem Vernehmen nach die französische BNP Paribas – die Notbremse: Sie kassierte das Aktienpaket einfach ein. Seither ist der reichste russische Oligarch, Oleg Deripaska, nicht mehr Großaktionär bei Frank Stronachs Autozulieferkonzern Magna.

Für Magna selbst heißt das nicht viel: Frank Stronach schafft weiter an. Probleme könnte es höchstens bei der angepeilten Russland-Strategie geben.

Der Mann, dem ein Vermögen von 40 Milliarden Dollar nachgesagt wird (denen freilich riesige Bankschulden gegenüberstehen dürften), erleidet damit aber ein klassisches amerikanisches „Häuselbauerschicksal“: Die ganze Finanzkrise war ja durch einen Rückgang der Immobilienpreise ausgelöst worden, der dazu führte, dass die mit diesen Immobilien besicherten Kredite „faul“ wurden. An solche Unternehmenszwangsausstiege wird man sich im Reich der russischen Oligarchen wohl gewöhnen müssen.

Im Deripaska-Imperium brennt zumindest auch nach dem Magna-Ausstieg der Hut an mehreren Stellen lichterloh. Erst im vergangenen Sommer hatte der Putin-Vertraute die Sperrminorität (25 Prozent und eine Aktie) am größten russischen Bergbaukonzern, Norilsk Nickel, gekauft – mit einem Vier-Milliarden-Dollar-Kredit. Besichert selbstverständlich mit den gekauften Aktien.

Oligarchen-Hut brennt lichterloh

Das Platzen der globalen Rohstoffblase ließ die Norilsk-Aktie aber dramatisch abstürzen (siehe Chart). Deripaska konnte mit seinem europäischen Gläubigerkonsortium, das ihm die Milliarden geliehen hatte, vor dem sonst unausweichlichen Notverkauf gerade noch eine Umschuldung aushandeln. Doch im kommenden Frühjahr werden die ersten Rückzahlungen fällig. In Russland selbst dürfte das Geld schwer aufzutreiben sein. Denn die dortigen Banken, die nicht nur unter der US-Krise leiden, sondern sich auf dem inländischen Immobilienmarkt massiv vergaloppiert hatten, krachen selbst wie die Kaisersemmeln. Und müssen mit Staatszuschüssen flüssiggehalten werden.

Eine Baustelle hat sich Deripaska wohl auch mit dem Kauf eines Viertelpakets am österreichischen Baukonzern Strabag eingehandelt. Auch der wurde (von der Deutschen Bank) kreditfinanziert. Und auch dieser Kredit wurde wohl mit Strabag-Aktien besichert.

Bei der Strabag will Deripaska zwar nicht aussteigen. Auf das Wollen wird es aber nicht ankommen: Der Aktienkurs des Baukonzerns hat sich in kurzer Zeit mehr als halbiert. Es könnte also sein, dass die Geldgeber in der Deutschen Bank nervös werden.

Mit seinen Problemen steht Deripaska aber nicht allein da: Der dramatische „Aktien-Crash“ an der Moskauer Börse hat die zehn reichsten russischen Oligarchen bisher zusammen um fast 150 Milliarden Dollar ärmer gemacht. Alle ihre Kreditfinanzierungen wackeln nun. Und Analysten stellen sich darauf ein, dass sie nacheinander umfallen wie Dominosteine – und dass die Eigentumsverhältnisse bei ihren Beteiligungen nun völlig neu strukturiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2008)

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