AUA: Am 32. Dezember ist es zu spät

(c) EPA (Patrick Seeger)
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Die ÖIAG holt sich von der Regierung eine „Nachspielzeit“, um mit der Lufthansa weiter-verhandeln zu können. Knackpunkt bleibt allerdings der von den Deutschen geforderte Schuldenerlass.

Wien (eid). Mehr Zeit – aber nur die Übernahme von 500 Mio. Euro Schulden und kein Cent mehr: Diese weitere Vorgangsweise in Sachen AUA haben die beiden Parteichefs Werner Faymann (SPÖ) und Josef Pröll (ÖVP) Montagfrüh vereinbart. Mit dieser Vorgabe tat sich der ÖIAG-Aufsichtsrat, der eigentlich den Verkauf der AUA an die Lufthansa beschließen sollte, leicht: Das Gremium mit Peter Mitterbauer an der Spitze beschloss gar nichts und bat die Regierung lediglich, den heute, Dienstag, mit Ende der Legislaturperiode auslaufenden Privatisierungsauftrag zu verlängern. Außerdem braucht die ÖIAG für den Schuldennachlass auch die Regierung und muss diese indirekte Beihilfe von der EU prüfen lassen.

Die „Nachspielzeit“ bis 31.Dezember 2008 stellte die Regierung umgehend in Aussicht. Der Beschluss soll am Mittwoch im Ministerrat fallen. Allerdings verlangt die Regierung von der ÖIAG eine detaillierte Darstellung des Lufthansa-Angebots sowie eine schriftliche Zusage der Lufthansa, dass sie ihr Angebot bindend verlängert, wie der „Presse“ aus dem Büro von Pröll bestätigt wurde.

Der designierte ÖVP-Chef mahnt übrigens die Verantwortung der ÖIAG- und AUA-Gremien ein, ihren im Aktiengesetz festgeschriebenen Pflichten nachzukommen und „zum Wohle der Gesellschaft“ zu agieren. Ein AUA-Untersuchungsausschuss, wie ihn die SPÖ fordern soll, dürfte die Lufthansa aber eher abschrecken, hieß es.

Lufthansa verlängert Offert

Die Lufthansa ist der Forderung auch umgehend nachgekommen: Sie hat noch am Montag der ÖIAG bestätigt, dass sie ihr Angebot bis Dezember aufrechterhalten wird. Zu weiteren Details wollte eine Sprecherin keine Auskunft geben. Einige Punkte des Angebots sind am Sonntag – nach der siebenstündigen Sitzung des ÖIAG-Privatisierungsausschusses bekannt geworden: Demnach bietet die Lufthansa für den Anteil der ÖIAG (41,6 Prozent) einen Cent je Aktie, was nach dem weiteren Kursrutsch am Montag nur mehr 289.000 Euro wären.

Für die Kleinaktionäre soll der Preis zwischen drei und vier Euro je Aktie liegen – das ist ebenfalls weniger als erwartet. Eine Bestandsgarantie, wie ursprünglich kolportiert, bietet die Lufthansa nicht. Aber die Regierung ließ durchblicken, dass sie an den Schuldennachlass Bedingungen knüpfen werde. Das könnte eine Standortgarantie sein.

S7 doch noch im Rennen?

Im Privatisierungskrimi um die AUA wird damit ein neues Kapitel aufgeschlagen. Laut ÖIAG-Chef Peter Michaelis wird der Privatisierungsprozess nicht neu aufgerollt. Damit würden ausgeschiedene Bieter nicht mehr eingeladen. Spekulationen, wonach Air France/KLM und S7, die aus dem Bieterprozess ausgestiegen sind, wieder an Bord kommen könnten, dürften damit obsolet sein. Michaelis ließ jedoch nach mehrmaliger Nachfrage durchblicken, dass doch zwei Angebote im Rennen seien. Die Frage, ob dies Lufthansa und S7 seien, beantwortete Michaelis nicht. Allerdings bekräftigte er auf Nachfrage, es gehe um „Konzepte“. Daraus wurde geschlossen, es handle sich um mehrere Angebote.

Kritik am Privatisierungsprozedere wollte Michaelis nicht gelten lassen: „Wir haben den Prozess rechtzeitig aufgesetzt und sehr stark und schnell vorangetrieben.“ Dazwischengekommen sei das Platzen der Regierung. Parallel dazu habe sich das Umfeld deutlich verschlechtert. Ölpreisanstieg, Finanzkrise und rezessive Tendenzen hätte niemand abschätzen können. „Wir haben hier alles richtig gemacht.“ Mit allen Bietern wurde gleich umgegangen, wies Michaelis Kritik zurück, wonach die Lufthansa bevorzugt behandelt worden sei.

Zu „Personalfragen“ – vor allem in SPÖ-Kreisen wird die Forderung nach einer Ablöse von Michaelis und AUA-Chef Alfred Ötsch laut – meinte Michaelis nur, dass dies ein Thema für den potenziellen neuen Eigentümer sei.

Bis Ende des Jahres hat die ÖIAG allerdings nicht Zeit, weiterzuverhandeln. Denn mit zunehmend abkühlender Konjunktur spannt sich auch die Finanzlage der AUA immer mehr an. Dem Vernehmen nach soll der Deal deshalb spätestens in vier Wochen über die Bühne gehen.

Aufschluss über die wirtschaftliche Lage dürften heute, Dienstag, die Zahlen für die ersten neun Monate geben. Analysten heimischer Banken erwarten ein tiefrotes Nettoergebnis. Die anderen Betriebskennzahlen sollten laut den Experten das Bild einer wirtschaftlich angeschlagenen Fluggesellschaft komplettieren, hieß es. Bei stagnierenden Umsätzen erwarten Raiffeisen Centrobank (RCB), Erste Group und UniCredit einen Einbruch des Betriebsergebnisses (vor Zinsen und Steuern, Ebit) von plus 33,3 auf minus 13,5 Mio. Euro. Netto wird ein Verlust von 54 Mio. Euro nach 20,6 Mio. Euro Gewinn in der Vorjahresperiode erwartet.

AUF EINEN BLICK

Bis 31. Dezember verlängert die Regierung den Privatisierungsauftrag für die AUA. Die ÖIAG braucht Zeit, um Details mit der Lufthansa auszuverhandeln. Außerdem muss die EU wegen des Schuldennachlasses, der als indirekte Staatsbeihilfe gilt, befragt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2008)

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