Austrian Airlines geht für eine Milliarde an Lufthansa

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Verkauft: Die ÖIAG hat sich mit der Lufthansa-Führung grundsätzlich über einen Verkauf der AUA an die deutsche Fluglinie geeinigt. Die EU-Kommission soll bereits Zustimmung signalisiert haben.

Wien. Sie galt von Anfang an als Favorit, und das sprichwörtliche deutsche Durchhaltevermögen hat sich offenbar gelohnt: Die Führung der Verstaatlichtenholding ÖIAG hat sich grundsätzlich mit der Lufthansa-Führung über einen Verkauf der AUA an die deutsche Fluglinie geeinigt, wie der „Presse“ aus Verhandlungskreisen bestätigt wurde.

In den nächsten beiden Wochen wird der Vertrag im Detail ausverhandelt, am 3. Dezember soll der Lufthansa-Aufsichtsrat grünes Licht geben, zwei Tage später das Gremium der ÖIAG. Scheitern könnte der Verkauf an die Lufthansa nur noch an einem Veto der heimischen Politik.

Der Privatisierungsausschuss der ÖIAG mit Magna-Chef Siegfried Wolf an der Spitze hat am Donnerstag jedenfalls die wichtige Vorentscheidung getroffen: Ab nun wird nur noch mit der Lufthansa verhandelt. Die Basis dieses für die rot-weiß-rote Fluglinie richtungsweisenden Beschlusses sind zwei Rechtsgutachten der Experten Thomas Eilmansberger (Universität Salzburg) und Christian Nowotny (Wirtschaftsuniversität), die von der ÖIAG in Auftrag gegeben worden sind. Das Ergebnis: Es sei rechtens, dass Air France/KLM und die russische S7 nicht mehr an den Verhandlungstisch geholt werden, weil sie bis zum gebotenen Termin (21. Oktober) kein verbindliches Angebot gelegt hätten. Eine Rückkehr der beiden wäre laut Gutachten eine Ungleichbehandlung der Lufthansa, die als Einzige ein „prozesskonformes“ Offert gelegt habe.

Grünes Licht von der EU

Außerdem hat die EU der ÖIAG bereits ihr Okay zur geplanten (weil von der Lufthansa geforderten) Schuldennachlass durch den Staat in Höhe von 500 Millionen Euro signalisiert. Im Unterschied zur nicht genehmigten staatlichen Geldspritze für die Alitalia, erachten die Brüsseler Wettbewerbshüter den geplanten Schuldennachlass als einmalige Beihilfe, die rechtens sei, weil ein privater Eigentümer im Zuge eines Verkaufs genauso gehandelt hätte. Der Ministerrat soll am 10. Dezember den Schuldennachlass absegnen.

Für den Käufer Lufthansa bedeutet das, dass er von dem Minus von 1,5 Milliarden Euro, das sich aus den Nettoschulden der AUA, dem erwarteten Verlust und den möglichen Wertberichtigungen 2008 zusammensetzen, eine Milliarde Euro übernehmen muss. Das wäre de facto auch der Kaufpreis. Ob die Lufthansa den Kleinaktionären ein Übernahmeangebot legt, ist offen. Laut Übernahmegesetz könnte sie darauf verzichten, weil der AUA-Kauf als Maßnahme zur Abwendung einer Insolvenz gewertet werden könnte. In diesem Fall bliebe die AUA an der Börse notiert.

Air France/KLM und S7 hatten zuletzt in mehreren Briefen ihr Interesse bekundet, aber explizit darauf hingewiesen, dass diese Schreiben keine verbindlichen Offerte seien. Daraufhin kursierten dennoch Spekulationen, dass das Privatisierungsverfahren noch einmal geöffnet beziehungsweise ganz neu aufgesetzt werden könnte.

Ex-AUA-Manager: Alternative

In diesem Zusammenhang ist ein Alternativkonzept zu sehen, das eine Gruppe von Wirtschaftstreibenden rund um den Ex-AUA-Marketingvorstand Josef Burger erstellt hat und das der „Presse“ exklusiv vorliegt. Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter (SPÖ) soll die Initiative unterstützen. Sie zielt darauf ab, die AUA selbst zu restrukturieren und erst danach einen Partner zu suchen.

Durch Straffung der Managementstrukturen bis in die dritte Führungsebene, Kapazitätsanpassungen des Flugprogramms sowie Verbesserungen im Service und eine Flottenharmonisierung soll es dabei bereits 2009 ein Ergebnisverbesserungspotenzial von 86 Millionen Euro geben. Dieses soll im darauffolgenden Jahr auf 135 Millionen und 2011 auf 155 Millionen Euro steigen.

Dass der AUA-Verkauf an die Lufthansa doch noch kippt und diese Alternative zum Zug kommt, gilt aber als höchst unwahrscheinlich. Denn angesichts der drohenden Rezession dürfte die AUA allein mit den Einsparungen nicht aus den roten Zahlen kommen. In der ÖIAG wird zudem nicht mehr über Inhalte, sondern nur noch über Vertragsformulierungen mit der Lufthansa getüftelt.

("Die Presse" vom 14. November 2008)

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