Madoff-Turbulenzen: Staatlicher Aufpasser für Wiener Medici-Bank

Symbolbild Medici-Bank
Symbolbild Medici-Bank(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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Der Vorstand des von der Madoff-Affäre betroffenen Wiener Bankhauses ist zutrückgetreten. Bis nächste Woche soll das künftige Management stehen. Für Kundenvermögen besteht angeblich keine Gefahr.

Weil die Bank Medici bei den von ihr an andere Banken und institutionelle Investoren vertriebenen Fonds dem schillernden US-Anlagebetrüger Madoff aufgesessen ist, ist das kleine Wiener Bankhaus in Schieflage geraten. Das Vorstandsduo ist am heutigen 2. Jänner zurückgetreten, bis nächste Woche soll das künftige Management stehen, sagt die Bank. Ab sofort überwacht ein vom Staat geschickter Aufpasser alle Geschäfte des Instituts. Eine staatliche Kapitalhilfe hingegen gilt als ausgeschlossen.

Bankchef Peter Scheithauer und Vorstand Werner Tripolt sind mit heutiger Wirkung zurückgetreten. Für Scheithauer will die Bank unter ihrer Hauptaktionärin Sonja Kohn in wenigen Tagen einen international erfahrenen Nachfolger einsetzen, Tripolt soll zumindest nach Bankwillen wiederbestellt werden. Nächsten Freitag ist wieder Aufsichtsrat. Ein heftiges juristisches Tauziehen ist heute auch dazu schon in Gang gesetzt worden.

Die auf den Fondsvertrieb konzentierte kleine Bank mit nur etwas mehr als einem Dutzend Beschäftigten gehört zu drei Viertel Sonja Kohn und zu einem Viertel der Bank Austria. Die zur UniCredit gehörende Bank Austria hat heute ihr "wirtschaftliches Risiko" im Zusammenhang mit Medici als mit 1,5 Mio. Euro (Buchwert) begrenzt angegeben. Dass von geschädigten Anlegern Schadenersatzwellen gegen Medici kommen könnten, wird von der kleinen Bank selber bestritten. Man habe sich an alle Gesetzes und Klauseln gehalten, schrieb das Institut.

Weil in den Augen der Behörde Gefahr in Verzug war, hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) von Amts wegen den Wiener Wirtschaftsprüfer Gerhard Altenberger mit sofortoger Wirkung als Regierungskommissär eingesetzt. Der Bescheid wurde heute, Freitag, Mittag zugestellt. Ein solcher Kommissär kann - so nicht vorher andere Entwicklungen eintreten - längstens 18 Monate als Aufpasser in einer Bank sein. So lange werde es keinesfalls sein, verlautete heute aus der Bank. Die Bankjuristen sahen die Installation des Aufpassers als gesetzeswidrig an, weil keine Gefahr für Kundenvermögen bestehe. In der Früh, vor Eintreffen des Bescheids, war vorweg angekündigt worden, den Behördenbescheid bekämpfen zu wollen. Dennoch versicherte man später wieder "konstruktive Zusammenarbeit".

Am Finanzplatz Wien hielten sich hartnäckig Spekulationen, dass unter dem Kommissär eine Abwicklung erfolgen könnte. Es sei nicht ungewöhnlich, dass eine Bank im Gefolge einer solchen Aufsichtsmaßnahme aufhöre, hieß es in Finanzkreisen zur APA. Die Bank selbst pocht hingegen auf ein in Arbeit befindliches neues Geschäftsmodell und bestreitet insbesondere, dass Gelder von Anlegern oder Gläubigern bedroht seien.

In Finanzkreisen war zuvor gemutmaßt worden, dass der italienische UniCredit-Chef Alessandro Profumo eine Mini-Bankbeteiligung seines Konzerns mit einem derart klingendem Namen nicht fallen lassen würde. Solche Stimmen sollen zuletzt leiser geworden sein. Dass es zwischen der Medici-Hauptaktionärin Sonja Kohn und der zu UniCredit gehörenden Bank Austria als Viertelaktionärin zuletzt zu Missstimmigkeiten gekommen sein soll, hat Kohn heute dementieren lassen.

Die FMA hat ihren Bescheid zur Beistellung eines Regierungskommissärs mit dem "Schutz der finanziellen Belange der Gläubiger" begründet sowie mit der Sicherheit der Vermögenswerte. Altenberger muss der Privatbank nun alle Geschäfte untersagen, die geeignet sind, die Gefahr zu vergrößern. Die Bank selber hat zwei Wochen Zeit, den Bescheid zu bewerten und gegebenenfalls zu beeinspruchen.

Die Wiener Bank Medici ist in den Madoff-Strudel geraten, sieht sich als eines der vielen Opfer des US-Anlagebetrügers, dem nicht einmal die US-Börseaufsicht auf die Spur gekommen sei. Der über Jahrzehnte angesehene New Yorker Aktienbroker hat gestanden, ein gewaltiges "Schneeball-System" mit einem Schaden von bis zu 50 Mrd. Dollar betrieben zu haben. Er soll dabei die hohen Zinsen mit dem Geld immer neuer Investoren bezahlt haben.

Medici hat am Freitag betont, "stets sämtliche gesetzliche und vertragliche Bestimmungen sorgfältig eingehalten" zu haben und sieht daher keine Rechtsgrundlage für Schadenersatzklagen. Die Rechtsansicht der Bank, die über Fonds mutmaßlich mehr als 3 Mrd. Dollar bei dem US-Betrüger Bernard Madoff investiert hat, teilen jedoch nicht alle. In Unterlagen und Fonds-Prospekten sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Gelder lediglich in ein Schneeballsystem investiert werden, verweisen Experten darauf, dass aus dem Titel "Madoff" sehr wohl Schadenersatzansprüche an Vertriebspartner abgeleitet werden könnten.

(APA)

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