Katz und Maus im Gasstreit: Einigung mit Russland?

Gasstreit
Gasstreit(c) EPA (Sergey Dolzhenko)
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Die EU hat sich mit Russland im Gasstreit geeinigt, sagt Ratspräsident Topolanek. Ab Freitag sollen Kontrollore in die Ukraine reisen. Zuvor hat Putin die ukrainische Regierung beschimpft.

BRÜSSEL/WIEN (go). Das Katz-und-Maus-Spiel des vom Kreml kontrollierten Gaskonzerns Gazprom erreichte am Donnerstagabend einen Tiefpunkt. Noch am Nachmittag hatte Gazprom-Chef Alexej Miller verkündet, nach zwei Tagen Lieferstopp wieder Gas nach Westen zu liefern, sobald sich der ukrainische Gaskonzern Naftogaz zur Entsendung von EU-Beobachter an die umstrittenen ukrainischen Pipelines bereit erkläre. So eine Vereinbarung schloss Naftogaz am Donnerstag mit der Europäischen Kommission. Dann kam Millers Kehrtwende, der erklärte, die Ukraine wolle so ein Dokument nicht unterzeichnen. Am späten Donnerstagabend war angeblich alles wieder anders. Plötzlich hieß es, Russland habe dem Einsatz von Beobachtern zur Überwachung von Gaslieferungen für die Europäische Union über die Ukraine zugestimmt. Damit dürfte der Gastransport wieder aufgenommen werden, teilte die tschechische Ratspräsidentschaft mit. „Die Zustimmung sollte dazu führen, dass Russland wieder Gas an die EU-Mitgliedsstaaten liefert."

Bemerkenswert waren gestern Erklärungen des russischen Premierministers Wladimir Putin, der auf einer Pressekonferenz in Moskau wörtlich sagte: „Die heutige politische Führung der Ukraine zeigt ihre Unfähigkeit bei der Lösung von Wirtschaftsproblemen. Die Situation beweist, wie hochgradig kriminell die Machtstrukturen (in der Ukraine, Anm. d. Red.) sind."

Das stützt jene Deutung des Gasstreits, wonach der Kreml Gazprom missbrauche, um die frühere Sowjetrepublik und heute westlich orientierte Ukraine zu bestrafen. Von offizieller russischer Seite wird dies als Unterstellung zurückgewiesen und die erstmalige Einstellung der Gaslieferungen an den Westen seit dem Zweiten Weltkrieg als rein wirtschaftlicher Disput dargestellt.

Tatsächlich dürfte die russische Seite die Schuld am Stillstand zuvor tragen. „Wir sind enttäuscht über die russische Position", sagte Tschechiens Energieminister Martin Riman am Donnerstagabend in Brüssel. Er hatte mit Vertretern der Kommission versucht, die Russen und Ukrainer zu einer Lösung zu bringen. Letztere hätten der Entsendung von EU-Beobachtern zugestimmt, fügte Energiekommissar Andris Piebalgs hinzu. „Und ich muss leider sagen, dass die Vertreter von Gazprom diesen Vorschlag abgelehnt haben."

Diese Beobachter sollen trotzdem am Freitag in die Ukraine reisen und die Entnahmestellen an jenen vier Gasleitungen kontrollieren, die russisches Gas nach Westeuropa transportieren. Damit könnte jenen Vorwürfen die Grundlage entzogen werden, wonach entweder die Ukrainer russisches, für den Export bestimmtes Gas illegalerweise für den eigenen Zweck abzweigen oder die Russen zunächst weniger und seit Mittwoch gar kein Gas in die vier Transitpipelines einleiten. Zwei der EU-Beobachter sollen vom heimischen Öl- und Gaskonzern OMV entsendet werden, sagte OMV-Sprecherin Andrea Karakas auf Anfrage der „Presse".

Der EU-Parlamentarier Hannes Sowoboda nannte gegenüber der „Presse" einen möglichen Zankapfel. „Die Beobachter müssten auch auf russischem Territorium tätig werden können." Im Gegenzug sperrt sich die Ukraine dagegen, dass auch russische Beobachter in der Ukraine tätig werden.
Zu Neujahr hatte Gazprom wiederholt die Lieferungen in die Ukraine eingestellt und Naftogaz unterstellt, bis zu 2,5 Mrd. Dollar (1,8 Mrd. Euro) nicht bezahlt zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2009)

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