AWD erwartet Mammutprozess

(c) EPA (Rainer Jensen)
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Bis zu 4500 Geschädigte aus der Immofinanz-Affäre gehen vor Gericht. Ihnen sollen Immofinanz-Papiere mit den Worten „sicher wie ein Sparbuch“ verkauft worden sein.

Wien (mac). Seit den Skandalen rund um Meinl und Immofinanz stehen private Finanzdienstleister im Kreuzfeuer der Kritik. Dem deutschen AWD, mit über 100.000 Kunden Marktführer in Österreich, droht nun wegen angeblicher Beratungsfehler beim Verkauf von Immofinanz- und Immoeast-Papieren ein Mammutprozess.

4500 heimische AWD-Kunden hatten sich bis zum Stichtag Mitte Jänner beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) beschwert. Ihnen sollen Immofinanz-Papiere mit den Worten „sicher wie ein Sparbuch“ verkauft worden sein. Mittlerweile sind die Aktien einen Bruchteil des Kaufpreises wert. Das Risiko für diesen Verlust müsse AWD tragen, argumentiert der VKI und bietet den Betroffenen an, sich einer Sammelklage gegen den Finanzdienstleister anzuschließen. Das Kostenrisiko übernimmt der deutsche Prozesskostenfinanzierer Foris, der schon 2006 mit dem VKI erfolgreich gegen die Bawag geklagt hatte.

AWD bestreitet Verkaufsfehler

Treten alle 4500 Geschädigten ihre Forderungen an den VKI ab, wäre das der größte Zivilprozess in der Zweiten Republik. Der Gesamtschaden wird auf 45 Mio. Euro geschätzt. Insgesamt dürften 80.000 Anleger betroffen sein. Für all jene, die den vom VKI festgesetzten Stichtag verpasst haben, werde an einer Lösung gearbeitet, sagt VKI-Chefjurist Peter Kolba zur „Presse“. „Im Moment werden wird mit Anfragen bestürmt.“ Voraussichtlich werde es eine Nachfrist geben. Dem AWD droht nicht nur vonseiten des VKI Ungemach. Auch der österreichische Prozesskostenfinanzierer Advofin plant eine Sammelklage gegen AWD und Immofinanz. Bisher hat Adovin 3600 Geschädigte unter Vertrag.

AWD Österreich wehrt sich indes gegen die Vorwürfe und bestreitet, die Papiere als mündelsicher verkauft zu haben. Dagegen stehen „tausende Aussagen von Betroffenen“, sagt Kolba. Das „systematische Vorgehen“ bei AWD sei „einzigartig“. Darum müsse man sich „vor Gericht treffen“.

Mit dem Einstieg von Foris fällt das Prozesskostenrisiko für die Kläger praktisch weg. Bei Erfolg streift Foris jedoch eine Quote ein. Diese schwanke zwischen 20 und 30 Prozent dessen, was für die Kläger erreicht werden könne, sagt Gerrit Meincke, Anwalt bei Foris, zur „Presse“ – je nachdem, wie rasch es zu einer Einigung mit AWD kommt. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, solle sich mit dieser in Verbindung setzen, betont Kolba. Eine Sammelklage rechne sich hier nicht.

Auf einen Blick

Der VKI bringt eine Sammelklage für bis zu 4500 Immofinanz-Opfer gegen den Finanzdienstleister AWDein.
Das Kostenrisiko trägt der deutsche Prozessfinanzierer Foris.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2009)

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