Lohnrunde: Metaller einigen sich auf reales Plus

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2,1 Prozent mehr Lohn: Nach langen Streitereien wurde doch wieder die höhere österreichische Teuerungsrate als Basis für die Erhöhung herangezogen und nicht die europäische.

Wien. Die Einigung erfolgte traditionell nach Mitternacht– nach einem elfstündigen Verhandlungsmarathon. Am Mittwoch um ein Uhr Früh schafften die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter nach der vierten Verhandlungsrunde den Durchbruch: Ab November soll es 2,1 Prozent mehr Lohn für die 120.000 Beschäftigen der Maschinen- und Metallwarenindustrie geben. Der Bruttomindestlohn beträgt ab November 1724 Euro. Zulagen werden um 1,7 Prozent angehoben. Dafür verzichteten die Arbeitnehmerverhandler auf die Freizeitoption, bei der sich Mitarbeiter für mehr Freizeit statt für mehr Verdienst hätten entscheiden können.

Traditionell betonten beide Seiten, wie schwer ihnen der Kompromiss gefallen sei: Der Abschluss sei „gerade noch verkraftbar“, sagte Christian Knill, Obmann des Fachverbands der Maschinen- und Metallwarenindustrie (FMMI). Es seien harte Verhandlungen gewesen, meinte Spitzengewerkschafter Rainer Wimmer. Dennoch hat es wieder einen Kompromiss gegeben. Die Metaller-Lohnrunde gilt als Richtschnur für andere Lohnrunden.

Heikle Themen ausgeklammert

Helmut Hofer, Ökonom am Institut für Höhere Studien (IHS), sieht das Ergebnis ambivalent. Einerseits zeige es, dass die Sozialpartnerschaft in schwierigen Situationen funktioniere. „Es ist erfreulich, dass es trotz schlechter Voraussetzungen ohne Streik zu einem Ergebnis gekommen ist“, sagte er zur „Presse“. Für den Fall, dass auch die vierte Lohnrunde gescheitert wäre, hätten die Gewerkschaften erneut Betriebsversammlungen abgehalten. Streiks standen im Raum.

Andererseits handle es sich um einen typisch österreichischen Metallerabschluss: „Man hat nur über die Löhne geredet, das Thema Flexibilisierung hat man ausgeklammert“, kritisiert der Experte. Das Ergebnis sei jedoch eines, mit dem beide Seiten gut leben könnten– zumindest, sofern es zu keiner Krise komme, schränkt Hofer ein.

Bei den Verhandlungen hatte man wie jedes Jahr die sogenannte Benya-Formel angewendet, die als Maßstab für die Lohnerhöhung die Inflationsrate plus einen Anteil am Produktivitätszuwachs vorgibt. Diesmal wurde allerdings heftig darüber gestritten, welche Inflationsrate man zugrunde legen solle. Die Teuerungsrate in Österreich (1,7 Prozent) ist zwar derzeit im historischen Vergleich nicht hoch. Im Verhältnis zum Durchschnitt der Eurozone (0,5 Prozent) jedoch ist sie es.

Die Arbeitgeber hatten argumentiert, dass man diesmal die Inflationsrate in der Eurozone zugrunde legen müsse. Denn das sei das Umfeld, in dem die exportorientierten Industriebetriebe aktiv sind. Die Arbeitnehmervertreter meinten, dass es den österreichischen Konsumenten wenig nütze, wenn die Preise in Europa nicht so stark anziehen wie hierzulande.

„Überraschend schnell“

Mit 2,1 Prozent wird die Erhöhung jetzt um 0,4 Prozentpunkte höher ausfallen als die Inflationsrate. Hofer findet das grundsätzlich gut: Wenn es schon um Inflationsabgeltung für die Arbeitnehmer gehe, müsse man die österreichische Rate heranziehen. Die Frage sei allerdings, ob die Unternehmen ihre höheren Kosten auch über höhere Preise an ihre Kunden weitergeben können. Die fallenden Energiepreise sollten ihnen dabei helfen. Gelinge das allerdings nicht, würden einige Firmen Rationalisierungsschritte setzen, also Jobs abbauen müssen.

Trotz aller Beteuerungen, wie hart die Verhandlungen bis zum Durchbruch zu nachmitternächtlicher Stunde gewesen seien– nicht nur IHS-Experte Hofer wunderte sich, wie schnell man sich trotz der unterschiedlichen Positionen dann doch geeinigt habe. Auch Wifo-Ökonomin Christine Mayrhuber zeigte sich überrascht. Dabei sei es aus Arbeitnehmersicht als positiv zu bewerten, dass der Abschluss über der Inflationsrate zu liegen gekommen sei, sagte Mayrhuber. Die Argumentationsgrundlage der Arbeitgeberseite, nicht die Preisentwicklung in Österreich, sondern jene in Europa zu berücksichtigen, „wäre unorthodox gewesen“.

Das Thema Arbeitszeitflexibilisierung, bei dem die Sozialpartner in den vergangenen Jahren auf keinen grünen Zweig gekommen sind, ist in der heurigen Lohnrunde ausgeklammert worden. Man wolle nun die Gespräche aber wieder aufnehmen, erklärten Wimmer und Knill. Der Gewerkschafter bremste allerdings und will hier „nichts überhudeln“. (b.l./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2014)

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