Wohndebatte: "Von einem Leerstand hat ein Eigentümer nichts"

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Bei der "Im Zentrum"-Debatte trafen unversöhnliche Meinungen aufeinander. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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AK-Präsident Kaske will über Beträge reden, wenn Wohnungen leer stehen und zudem unbefristete Mietverträge. Die Immo-Branche warnt vor einem investitionsfeindlichen Klima.

Bei einer Mieten-Debatte am Sonntagabend prallten die Meinungen in seit Jahren gewohnter Weise unversöhnlich aufeinander. AK-Präsident Rudolf Kaske sprach sich für Mietzinsobergrenzen und faktisch nur mehr unbefristete Verträge aus, Vertreter der Immobilien-Branche warnten vor einem investitionsfeindlichen Klima mit zu wenig Neubau und davor, dass eine Abgabe keine Leerstände verhindern würde.

30.000 bis 100.000 leerstehende Wohnungen

Hingegen könnten Leerstandsabgaben oder Zinsobergrenzen nach Meinung von Christoph Luchsinger vom Institut für Städtebau an der TU Wien die offenbar verfahrene Situation ändern. Auch der Wohnbau, von dem Wien heute noch profitiere, sei in den 1920er Jahren mithilfe einer "ziemlich brachialen Steuer" errichtet worden. Das Mietrechtsgesetz (MRG) halte er für viel zu kompliziert, und auch die Bauvorschriften seien überreglementiert. Knapp sei der Wohnungsmarkt aber eigentlich nicht, so Luchsinger. Dass der Leerstand in Wien offenbar enorm sei, habe auch Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) mitbekommen und veranlasse vielleicht deshalb eine Erhebung dazu. Die Zahl der in Wien leer stehenden Wohnungen werde auf 30.000 bis 100.000 geschätzt, so der TU-Experte.

Neudeck meinte dazu, von einer Leerstehung habe ein Eigentümer ja gar nichts, "da muss ich selbst die Betriebskosten zahlen und habe keine Rendite". Nur für allfällig geplante Zusammenlegungen stehe Wohnraum leer. Problematisch seien vielmehr Fehlbelegungen, etwa "wenn Leute mit billigen Mietzinsen zu lange drinnen bleiben". Aus Sicht von AK-Chef Kaske sollte man "schon darüber reden können, soll es einen Betrag geben, wenn eine Wohnung leer steht". Für Pisecky hätte dies keinen Sinn: "Warum soll eine Abgabe die Leerstände verhindern, er verdient ja eh schon nix und hat eine negative Rendite". Neudeck nannte die Idee einer Leerstandsabgabe einen "alten Hut, den die SPÖ nicht umsonst abgeschafft hat".

Die Grazer KPÖ-Wohnungsstadträtin Elke Kahr meinte, in ihrer Stadt gebe es keine leer stehenden Wohnungen, "wir bringen jede Wohnung sofort an". Das Problem sei, dass sich die Mehrheit ihre Wohnung samt Betriebskosten und Heizen von ihren Löhnen, Einkommen, Pensionen nicht mehr leisten könne.

Befristete Verträge abschaffen oder günstiger

Heute seien bereits zwei von drei Mietverträgen befristet, das treffe vor allem junge Menschen, sagte Kaske bei der "Im Zentrum"-Debatte des ORF-Fernsehens. Befristungen gingen in die falsche Richtung und gehörten abgeschafft. Im übrigen sollten befristete Verträge eigentlich günstiger sein als solche ohne zeitliches Limit - seien es aber nicht. "Ich habe den Verdacht, man will nur Befristungen."

Das bestritt Michael Pisecky vom Fachverband der Immotreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und das Mietrecht selbst sei schuld, warum es so viele befristete Mietverträge gibt: So könne etwa bei befristeten Verträgen das Haus nur geringer belehnt werden. "Weil die Rechtssicherheit für den Vermieter nicht gegeben ist, brauchen wir befristete Verträge", pflichtete der Immobesitzer und -verwalter Detlev Neudeck dem bei.

Wien fehlen mehr als 10.000 Wohnungen

Als "Schlüssel", um mehr Wohnraum zu schaffen, sieht Immo-Treuhänder Pisecky "Nachverdichtungen" im innerstädtischen Bereich an, wo schon Infrastruktur vorhanden ist. Das MRG verhindere aber, dass größere Wohnungen in mehrere kleinere aufgeteilt werden könnten. Angesichts einer Netto-Zuwanderung von rund 25.000 Menschen in Wien pro Jahr "würden wir 11.000 bis 12.000 Wohnungen jährlich brauchen. Die 10.000 schafft der soziale Wohnbau aber nicht. Wir brauchen also 3.000 bis 4.000 auch aus dem privaten Bereich", so der Wirtschaftskämmerer.

>> ORF-Sendung "Im Zentrum"

(APA)

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