Business Angels: "Frauen machen das ganz im Stillen"

Selma Prodanovic
Selma Prodanovic(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Es gibt immer mehr reiche Frauen, aber kaum weibliche Business Angels. Dabei wäre es für junge Unternehmerinnen von Vorteil, wenn sie Mentorinnen und Geldgeberinnen hätten.

Clue ist eine App aus Berlin, die Frauen dabei hilft, ihre Fruchtbarkeit und ihren Menstruationszyklus nachzuverfolgen. Eigentlich eine sichere Bank für Investoren, immerhin sind 50 Prozent der geschlechtsreifen Bevölkerung potenzielle Kundinnen.

Trotzdem, der Weg für eine App wie Clue ist steinig. Denn in einer männlich dominierten Investorenszene ist die Begeisterung für Frauenthemen begrenzt: „Im Allgemeinen ist es so, dass die Absenz von Frauen in der Venture-Capital-Industrie dazu führt, dass ein Großteil der Produkte für eine männliche Klientel gemacht werden”, sagte Hans Raffauf, Mitgründer von Clue, kürzlich in einem Interview mit dem Tech-Blog Fast Company. Auch in Österreich wird man sich dieses Problems langsam bewusst. So fand vergangene Woche anlässlich des Women's Entrepreneurship Day ein von „Frau in der Wirtschaft“ (WKO) veranstalteter runder Tisch zum Thema weibliche Start-ups und weibliche Business Angels statt. „Wir müssen das Interesse, das Start-ups gerade entgegengebracht wird, für unsere Sache nützen“, sagt Petra Gregorits, Vorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“ und Moderatorin der Diskussion.

Unter den Diskutantinnen waren Business Angelina Selma Prodanovic, Sophie Martinetz von der Rechtsanwaltskanzlei Northcote und – als internationaler Ehrengast – Anu Bhardwa, die die Initiative Women Investing in Women ins Leben gerufen hat, ein weltweit agierendes Netzwerk, das Entrepreneurship und Investitionstätigkeit von Frauen fördert.


Zwei von 100. Nur zwei von hundert Tech-Start-ups in Österreich werden von Frauen gegründet. Ähnlich selten sind weibliche Business Angels. Das ist nicht nur ein nationales, sondern ein weltweites Phänomen. Sogar in Ländern mit ausgeprägter Start-up-Szene und einer risikoaffinen Investitionskultur wie Großbritannien sind nur fünf Prozent der Business Angels Frauen. In den USA sind es 19,7 Prozent, immerhin. Dennoch werden dort nur zwei Prozent des verfügbaren Venture Capitals in Unternehmen investiert, die von Frauen geführt werden. „Zugang zu Kapital für Frauen ist eines unserer wesentlichen Themen“, sagt Nhardwaj, deren Netzwerk sich von Phoenix, Arizona, über das Silicon Valley, Norwegen, den Nahen Osten bis Indien erstreckt. „Wir müssen an der Spitze der Hierarchie ansetzen, wenn wir Gleichbehandlung wollen“, ist Nhardwaj überzeugt. Also Frauen adressieren, die Geld und Einfluss haben. Und derer gibt es viele: Einer Studie der Schweizer Bank UBS zufolge hat die Anzahl von superreichen Frauen, also jenen mit einem Vermögen über 30Mio. US-Dollar (24 Mio. Euro), innerhalb eines Jahres um 16,8 Prozent zugenommen.

Mehr als die Hälfte dieser Frauen sind Selfmade-Unternehmerinnen, würden also die Expertise mitbringen, um als Business Angel tätig zu werden. „Viele Frauen agieren jetzt bereits als Mentorinnen, ohne sich als Business Angels zu sehen. Und sie machen das ganz im Stillen“, sagt Prodanovic. Dabei seien weibliche Vorbilder ganz wichtig, sowohl für angehende Gründerinnen als auch für Business Angels. Von solchen potenziellen Vorbildern saßen bei der Diskussion einige am Tisch, Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin Elfriede Sixt zum Beispiel oder Sabine Kirchmayr-Schliesselberger, Institutsvorstand für Finanzrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien. Die beiden haben kürzlich beschlossen, sich zu einem Business-Angel-Team zusammenzutun.

Frauen sind risikoscheu. Angehende Business Angelina ist auch Michaela Novak-Chaid, Chefin des Geschäftsbereichs Printing & Personal Systems von Hewlett-Packard Wien: „Frauen muss man anders abholen als Männer“, sagt sie. „Man muss ihnen dreimal sagen ,du kannst das!‘, bevor sie es glauben.“

„Frauen sind risikoscheuer als Männer und eher auf nachhaltiges, organisches Wachstum bedacht“, sagt Edeltraud Stiftinger vom Austria Wirtschafts Service (AWS). Das kann im wachstumshungrigen Umfeld von Start-ups als Nachteil ausgelegt werden. Umso wichtiger sei es, Frauen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie das unternehmerische Risiko teilen können. Der einzige Mann in der Runde, Business Angel Hansi Hansmann, betonte klugerweise die Vorzüge der weiblichen Entrepreneurs: „Frauen hören besser zu, sie denken nach, bevor sie eine Entscheidung treffen, und sie können gut verkaufen.“ Nur sich selbst nicht. Da könnten sie sich von den Männern ein Stück abschneiden.

Frauensache

Zwei von 100. So wenig Tech-Start-ups in Österreich werden von Frauen gegründet. Ebenso selten sind weibliche Business Angels.

Vermögen. Einer Studie der Schweizer Bank UBS zufolge hat die Anzahl von superreichen Frauen mit einem Vermögen über 30 Mio. US-Dollar (24Mio. Euro) innerhalb eines Jahres um 16,8 Prozent zugenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2014)

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