Heftige Debatte: Sind Gratis-Skipässe für Lehrer Bestechung?

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THEMENBILD-PAKET: WINTER: TOURISMUS/SKISPORT/KINDER(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Schulskiwoche als Geschäft. Die Salzburger Seilbahnen haben "Schnuppertageskarten" an Lehrer verschenkt. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Wien. Es gibt nur wenige Sorgen im Wintertourismus, die den Touristikern mehr Kopfzerbrechen bereiten als die schwindende Lust der Österreicher am Skifahren – auch wenn Tourismusobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher der kommenden Saison mit Optimismus entgegenblickt: Die Buchungslage im Oktober und November sei vielversprechend, nach jetzigem Stand wären die Betriebe für die ganze Wintersaison zwischen 60 und 70 Prozent ausgelastet. Ganz so entspannt dürften das nicht alle Hoteliers sehen. In Salzburg etwa ist kurz vor der Saisoneröffnung am 10. Dezember noch kein Schnee in Sicht und für eine Beschneiung ist es noch zu warm.

Doch zurück zum Skifahrerschwund: Um das Übel an der Wurzel zu packen, haben die Touristiker schon seit geraumer Zeit die Schulskiwoche ins Auge gefasst. 2010/11 sind 133.000 Schüler, das sind 13 Prozent, in den Genuss eines Schulskikurses gekommen – um 0,8 Prozent weniger als 2005/2006. „Das klingt nicht so dramatisch, aber man muss bedenken, dass wir 2010/11 auch wesentlich weniger Schüler hatten als noch fünf Jahre davor“, sagt Marco Cerny, Projektleiter der Servicestelle Wintersport der WKO.

Heuer soll nach Angaben der Allianz Zukunft Winter aber erstmals eine Trendwende geglückt sein. Um das Skifahren in den Schulen wieder populärer zu machen, hat die 2010 gegründete Vereinigung von österreichischen Seilbahnen, der Skiindustrie, dem Skilehrerverband und der Wirtschaftskammer weder Kosten noch Mühen gescheut, um Lehrer und Schüler wieder auf den Geschmack zu bringen. Und ist dabei kürzlich etwas übers Ziel geschossen. So wurde vor knapp zwei Wochen bekannt, dass die Salzburger Seilbahnen Gratis-Zweitagesskipässe an Lehrer im Wert von je 70 Euro vergeben haben – zum Kennenlernen des Skigebiets. Dieses Angebot ist von 2200 Lehrern in Anspruch genommen worden.

Derzeit laufen Korruptionsermittlungen gegen den Obmann der Salzburger Seilbahnen, Ferdinand Eder, und den Sprecher der Allianz Zukunft Winter, Franz Schenner. Denn nach dem neuen Korruptionsgesetz ist eine Geschenkannahme über einen Wert von 50 Euro verboten. Der Akt wurde laut Informationen des Justizministeriums am Dienstag zur weiteren Bearbeitung an die Staatsanwaltschaft Salzburg geschickt.

„Strengere Regeln helfen nicht“

Die Branche ist alles andere als begeistert: „Strengere Compliance-Regeln helfen uns nicht“, sagt Tourismusobfrau Nocker-Schwarzenbacher. „Eine Liftkarte und die Unterkunft müssen drinnen sein.“ Auch die 40 Prozent Rabatt, die Lehrer für ihre privaten Skier bekommen, seien in Ordnung (und sind auch nicht Gegenstand der Ermittlungen).
Dennoch, die Aktion mit den „Schnuppertageskarten“ für Lehrer hat die Allianz Zukunft Winter vorerst gestoppt. Bzw. einen weniger verdächtigen Umweg eingeschlagen: „Man hat sich darauf verständigt, dass es das Angebot gibt, dass die Schule die Karten von der Seilbahnwirtschaft vermittelt bekommt. Die Schule kann diese dann selbstständig an die Lehrer aushändigen“, heißt es bei der WKO. Damit könne man die Schulen in ihrer angespannten Budgetsituation etwas entlasten, ohne sich des Tatbestandes der Anfütterung schuldig zu machen.

"Haben zu naiv gehandelt"

Auch Franz Schenner nahm gegenüber der „Presse“ erstmals zu den Ermittlungen Stellung: „Wir haben mit der Aktion keine geschäftlichen Interessen verfolgt, wir wollten den Lehrern nur die Arbeit erleichtern. Indem sie ein Skigebiet erst kennenlernen, bevor sie es den Schülern näherbringen“, sagt Schenner. Das sei auch keine Bestechung gewesen, da das Skigebiet für den Schulskikurs schon im Vorfeld festgelegt sein musste. „Wir haben vielleicht zu naiv gehandelt“, räumt Schenner ein. Die Aktion sei aber mit dem Unterrichtsministerium abgestimmt gewesen.

Die Preise für Skipässe sind in den letzten zehn Jahren übrigens um 40 Prozent gestiegen. Tageskarten um 2,6 Prozent, Sechstagesskipässe um 3,7 Prozent pro Jahr.

AUF EINEN BLICK

Schulskiwoche. Schulskiwoche. In den vergangenen 20 Jahren hat sich der Anteil der Österreicher, die keinerlei Skisport ausüben, von 40 auf 60 Prozent erhöht. Um dem Nachwuchsproblem entgegenzuwirken, versuchen die Touristiker, die Schulskiwoche wieder attraktiver zu machen. Und sind damit zuletzt etwas übers Ziel geschossen. So läuft derzeit ein Korruptionsverfahren gegen wegen versuchter Bestechung von Lehrern mit Gratisskipässen im Wert von 70 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2014)

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