Frequenzkampf: Orange legt sich mit ORF-Tochter an

(c) APA (Robert Jäger)
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Der Mobilfunk will Frequenzen nutzen, die durch die TV-Digitalisierung „frei“ wurden, aber von der Fernsehbranche beansprucht werden.

WIEN.Mobilfunk versus Fernsehen: Das ist Brutalität. Durch die Digitalisierung des terrestrischen, mit Antenne empfangbaren Fernsehens sind Frequenzen frei geworden, um die ein Kampf der Lobbys entbrannt ist.

Michael Krammer, Chef des Handynetzes Orange, forderte am Donnerstag die Freigabe dieser „digitalen Dividende“ für mobiles Breitband. „Die USA sind da Vorreiter – und Europas Telekom-Vision besteht in einheitlichen Ladegeräten für Handys“, ironisierte er. Die Politik bzw. der Rundfunk- und Telekom-Regulator sollten durch günstige Vergabe „Investitionen fördern und nicht mit hohen Versteigerungseinnahmen das Budgetloch zu füllen versuchen“.

Die TV-Branche sieht das genau umgekehrt. Eine Vergabe der Frequenzen an den Mobilfunk „wäre eine ernste Gefährdung der Weiterentwicklung von digitalem terrestrischem Fernsehen“, sagte am Donnerstag Michael Weber, Sprecher der für Senderinfrastruktur zuständigen ORF- und Raiffeisen-Tochter ORS, zur „Presse“. Für die Digitalisierung seien „viele Millionen geflossen, und die Telekom-Industrie hat dazu nichts beigetragen – jetzt will sie die Früchte ernten“. Digitales terrestrisches Fernsehen (DVB-T) steht in Konkurrenz zu Handy-TV (DVB-H). Bei dessen Vergabe war ORS einem Konsortium unterlegen, dem auch Handynetze angehören.

Breitband als Wachstumsmotor

Mit den Frequenzen könnten die Netze für mobile Datenkommunikation günstig ausgebaut werden – mobiles Breitband ist laut Krammer der Wachstumsmotor. Nicht weniger als 69 Prozent der Breitbandzuwächse stammten vom Mobilfunk, nur 21 Prozent vom Festnetz der Telekom Austria.

Krammer sieht eine immer schärfere Kostenschere: Während die monatliche Prokopfnutzung von 113 Minuten 2005 zum Vorjahr auf 158 Minuten gestiegen sei, habe sich der Erlös pro Minute von 34 auf 18 Cent fast halbiert. Der Orange-Chef klagte über „heftige regulatorische Eingriffe“ wie den Roaming-Erlass der EU, dessen Fortsetzung für SMS und Daten soeben vom EU-Parlament beschlossen worden sei. Das werde der Branche heuer einen Umsatzverlust von weiteren 100 Mio. Euro bescheren.

Krammer will nicht „das Ende des Preiswettbewerbs herbeireden“, sondern sich mit innovativen Tarifen und Servicequalität vom Wettbewerb differenzieren. Im vierten Quartal 2008, nach der Markenumstellung von One auf Orange, am 22. September, sei die „Wachstumsführerschaft“ gelungen, die Kundenzahl liege wieder knapp über zwei Millionen.

Das operative Ergebnis (Ebitda) sei wegen der Einmalkosten für die Markenumstellung in Höhe von 20 Mio. Euro auf 167 Mio. Euro gefallen. Trotzdem erzielte Orange mit 15,5 Mio. Euro „den höchsten Nettogewinn der Geschichte“. Der Umsatz sank um fünf Prozent auf 592 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2009)

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