Lenzing verschärft Radikalkur und streicht weitere 250 Jobs

PK LENZING AG 'ERGEBNIS 1. HALBJAHR': UNTERSPERGER
PK LENZING AG 'ERGEBNIS 1. HALBJAHR': UNTERSPERGERAPA/HELMUT FOHRINGER
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Der Faserproduzent baut zusätzlich zu 600 noch 250 Stellen ab und kappt alle Expansionsprojekte. Die Investitionen werden zusammengestutzt.

Schon im Sommer ließ Lenzing-Chef Peter Untersperger keinen Zweifel daran, dass er nur mit einem rigorosen Sparprogramm den weltweit größten Viskosefaserhersteller auf Kurs halten kann. 600 Vollzeit-Arbeitsplätze werden heuer abgebaut – statt der ursprünglich geplanten 60 werden an die 100 Mio. Euro eingespart. Das reicht aber nicht, um den anhaltenden Verfall der Faserpreise zu konterkarieren. Deshalb streicht Lenzing ab Jänner 2015 noch einmal 250 Arbeitsplätze – vorrangig im Stammsitz in Oberösterreich. Allein dieser zusätzliche Schnitt soll zehn Mio. Euro bringen, sagte Untersperger zur „Presse“.

Betroffen sind zwei Drittel Stammpersonal und ein Drittel Leiharbeiter, vor allem in den Bereichen Engineering, Instandhaltung und Technik. Für alle Betroffenen gibt es einen Sozialplan und die Lenzing-Arbeitsstiftung. Aktuell beschäftigt der Faserkonzern weltweit 6157 Personen, 2955 davon in Österreich.

Kein Werk in Indien

Der Personalabbau ist freilich nur ein Teil des Radikalkurses. „Wir legen alle Großprojekte auf Eis und fahren die Investitionen auf ein Mindestmaß zurück“, kündigte Untersperger an. Das heißt, dass nach 340 Mio. Euro im Jahr 2012 und 250 Mio. Euro 2013 heuer 120 Mio. und in den Folgejahren unter 100 Mio. Euro investiert werden.
Im Detail heißt das: Die Fabrik in Indien wird nicht gebaut. Das schon erworbene Grundstück soll verkauft werden. Was laut Untersperger kein Problem sei, da die Nachfrage indischer Firmen nach Industriegeländen groß sei. Auch von einem Schritt in die Türkei ist keine Rede mehr. Und nicht zuletzt werden die bestehenden Produktionsstätten in Indonesien und China nicht erweitert.

Abseits dieser Maßnahmen stellt der Lenzing-Chef jedoch alle Standorte auf den Prüfstand. Derzeit betreibt Lenzing zwei Faserfabriken und ein Zellstoffwerk in Oberösterreich, je ein Werk in Indonesien, China Großbritannien und den USA. Ein weiteres Zellstoffwerk gibt es in Tschechien (Paskov). Könnte es passieren, dass bei einer anhaltenden Talfahrt der Preise eine ganze Fabrik geschlossen wird? „Ich schließe gar nichts aus“, sagt Untersperger. Der springende Punkt sei: „Wir müssen uns überlegen, ob wir die richtigen Produkte an den richtigen Standorten für die richtigen Märkte zu den richtigen – sprich besten – Kosten produzieren.“ Ein Ergebnis soll im ersten Quartal 2015 vorliegen.

Den Aktionären gefielen diese Nachrichten nicht: Die Lenzing-Aktie verlor am Freitag deutlich.
Schuld an der Misere ist China: Das Land hält schon seit einiger Zeit seine Baumwolllager künstlich voll und drückt so den Baumwollpreis. Der reißt die Preise für alle Fasern mit. Zuletzt kostete ein Kilo Fasern 1,55 Euro, nach 1,72 Euro im Jahr davor. „Ein Cent weniger kostet uns zehn Mio. Euro Umsatz“, rechnet Untersperger vor. Jetzt kommt noch dazu, dass sich wegen des starken Ölpreisverfalls auch Polyesterfasern deutlich verbilligen.

Gewinn weit unter Standard

Auch ein Rekordabsatz von 706.900 Tonnen bis Ende September und die etwas höheren Margen bei der Spezialfaser Tencel konnten den Preisverfall nicht auffangen. In den ersten drei Quartalen sank der Konzernumsatz um 6,2 Prozent auf 1,357 Mrd. Euro. Das Betriebsergebnis reduzierte sich um mehr als ein Drittel auf 69,5 Mio. Euro. Im Gesamtjahr werde es sicher schwarze Zahlen geben, aber „nicht so gute, wie es unserem Standard entspricht“, meint Untersperger. Dennoch dürfte er eine Dividende vorschlagen. Man müsse die Aktionäre für ihre Treue belohnen. Für 2013 wurde 1,75 Euro je Aktie gezahlt. (eid)

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