Josef Roysky: Der Juwelier und das liebe Vieh

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Seit Jahren verkauft er Schmuck in Neunkirchen. Doch plötzlich rennen ihm die Kunden die Türen ein. Alle wollen die Tierhalsbänder mit Bernstein.

Ein ganz normaler Tag im Leben des Josef Roysky: Der Wecker läutet um vier Uhr morgens. Um fünf Uhr ist Roysky im Betrieb. Dann geht's los: Unterlagen sichten, Post beantworten, Besprechungen. Keine Mittagspause. Abends geht er nach Hause, um weiterzuarbeiten. Um 23 Uhr geht er zu Bett.

Manche Jobs sind wirklich gnadenlos. Krisengebeutelte Banker kennen das, Manager von Weltkonzernen ebenso. Und Josef Roysky. Er ist Juwelier in Neunkirchen, Niederösterreich.

Vor 22 Jahren hat er das Geschäft in seiner Heimatgemeinde gekauft. Damals war er 26 Jahre jung, hatte zuvor als Außendienstmitarbeiter beim Uhrenkonzern Junghans gejobbt und wollte sich selbstständig machen. Als Juwelier. Bereut hat er das nie. Im Gegenteil: „Ich hab mich im hochexklusiven Segment wirklich gut etabliert“, sagt Roysky. Die Geschäfte gehen gut.

Falsch: Sie gehen hervorragend. Doch das ist eigentlich eine andere Geschichte. Eine außergewöhnliche Geschichte. Und doch könnte sie jedem passieren. Vorausgesetzt, man ist voller Tatendrang und Unternehmergeist. Ein gutes Gespür für den Markt ist auch hilfreich. Vor allem aber: eine gute Idee.

Josef Roysky kann all das für sich ankreuzen. Vor vier Monaten hat er Halsbänder für Katzen, Hunde und Pferde auf den Markt gebracht. Seitdem rennen ihm Tierliebhaber im ganzen Land gleichsam die Türen ein. „Überrascht hat mich der Erfolg eigentlich nicht“, sagt der Juwelier, „weil ich felsenfest davon überzeugt war.“ Mit dem Ausmaß des Erfolgs hat er allerdings nicht gerechnet: Allein in vier Monaten hat er knapp 4000 Halsbänder verkauft. Ohne Werbung.

Für die Werbung fehlt schlicht und einfach das Geld, sagt er. Das hat Roysky nämlich in weiser Voraussicht beim Patentamt deponiert, wo er sich auch gleich die Rechte für die EU, die USA, Japan und den arabischen Raum hat sichern lassen. „Das war enorm teuer“, seufzt Roysky.

Aber wohl dringend notwendig. Denn die Halsbänder, mit denen Roysky neuerdings Herrl und Frauerl Österreicher beglückt, sind tatsächlich weltexklusiv. Das liegt daran, dass die naturgegerbten Halsbänder (die von der Kärntner Firma Hirsch erzeugt werden) mit Bernstein versehen sind.

Welcher Tieradorant kann da schon widerstehen? Zumal Bernstein nachgerade unglaubliche Eigenschaften nachgesagt werden: Angeblich hilft das Naturharz gegen Rheumatismus, Schlafstörungen und Allergien – um nur ein paar der übelsten Heimsuchungen der modernen Gesellschaft zu nennen. Und bei Tieren besonders wichtig: Bernstein soll auch beruhigend und leistungssteigernd wirken. Wer macht da nicht bereitwillig 49 Euro pro Halsband locker?

Keine Zecken. Auf Royskys Homepage (www.wendestein.com) schwärmen jedenfalls diverse Kunden von dem Produkt. Tenor: Ihre Haustiere seien dank des Wunderhalsbandes ausgeglichener, konzentrierter und mobiler geworden. „Und das Beste“, schreibt das Herrl vom Labrador-Rüden Achilles, „seither sind keine Zecken an seinem Körper.“ Merke: Hund und Katz' mögen die neuen Bernsteinhalsbänder. Zecken weniger.

Alles nur Hokuspokus? Roysky lässt sich – ebenso wie seine stetig wachsende Kundschaft – nicht beirren. Der Juwelier ist jedenfalls zu einem überzeugten Mitglied der Bernsteinglaubensgemeinschaft geworden, obwohl er eigentlich mit Esoterik so überhaupt nichts am Hut hat, wie er betont.

Doch die Ereignisse der letzten zwei Jahre haben ihn offenbar bekehrt. Im Jahre 2006 kaufte er als noch einfacher Juwelier Bernsteinnuggets zur Schmuckverarbeitung. Nachdem die Nachfrage abgeflaut war, meldete ein Freund Interesse an den Nuggets an: Er wolle sie seinen Mitarbeitern als Weihnachtsgeschenk überreichen. „Und ich war froh, das Zeug loszuwerden“, erzählt Roysky.

Nach Weihnachten passierte aber Seltsames: „Mehrere der Beschenkten haben angerufen, weil sie Steine für ihre Familien kaufen wollten.“ Royskys Befund: „Lauter Wahnsinnige.“

Der Juwelier begann sich allerdings für die Sache zu interessieren – und erfuhr von der angeblich heilenden Wirkung von Bernstein. Er verschenkte Steine im Freundeskreis – alle waren begeistert. Und Roysky fassungslos: „Ich habe zuerst geglaubt, die wollen mich auf den Arm nehmen.“

35.000 Steine verkauft. Er hat sich trotzdem ins Abenteuer gestürzt. In den vergangenen eineinhalb Jahren hat er 35.000 sogenannte Wendesteine verkauft. Österreichweit: Roysky hat mittlerweile ein Vertriebsnetz von 180 Apotheken und Juwelieren.

Jetzt sind die Tiere dran. Und demnächst die Männer: Der Juwelier werkt gerade an Prototypen für Bernsteinarmbänder für Männer. „Ich will das Bernsteingeschäft unbedingt zum Erfolg führen“, sagt Roysky. Selbst, wenn das mit enormem Stress verbunden ist. Aber er weiß ja, was dagegen hilft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2009)

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