Die Deutschen sind mit dem von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) am Wochenende präsentierten Kompromiss über die Lockerung des Bankgeheimnisses unzufrieden.
Berlin/Wien(höll). Die Deutschen sind mit dem von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) am Wochenende präsentierten Kompromiss über die Lockerung des Bankgeheimnisses unzufrieden. Das Finanzministerium in Berlin fordert Österreich dazu auf, die Bankkonten deutscher Staatsbürger auf Anfrage automatisch zu öffnen. Der Zugang zu Bankinformationen sei unabhängig von einem konkreten Verdacht zu gewähren, heißt es in einer Stellungnahme des Berliner Ministeriums.
Laut OECD-Standards sei die Erteilung von Auskünften bereits in einem einfachen Besteuerungsverfahren vorgesehen. Deutschland werde deswegen den Druck auf Österreich und die Schweiz aufrechterhalten. „Wir halten daher Maßnahmen im Kampf gegen Steuerhinterziehung im Ausland nach wie vor notwendig“, so die unmissverständliche Botschaft aus Berlin. Österreich soll innerhalb der EU unter Zugzwang gesetzt werden.
Druck innerhalb der EU
Schon 24 von 27 EU-Staaten haben ihre Bankdaten für Steuerbehörden aus anderen Mitgliedsländern geöffnet. Bei diesem automatischen Informationsaustausch fehlen nur noch Belgien, Luxemburg und Österreich. Belgiens Regierung hatte in der Vorwoche jedoch angekündigt, sein Land werde ab 2010 voll kooperieren.
Finanzminister Pröll steht vor heiklen Verhandlungen mit seinem deutschen Amtskollegen Peer Steinbrück. Denn Österreich muss demnächst das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland adaptieren. „Wir werden von unserer Haltung nicht abweichen“, heißt es in Berlin.
Deutsche flüchten
In Deutschland gibt es seit Jahren das umstrittene „Gesetz zur Steuerehrlichkeit“. Demzufolge dürfen Finanzbeamte auch ohne Wissen der Betroffenen Einsicht in Bankkonten nehmen. Seitdem flüchten immer mehr Deutsche ins Ausland. Schätzungen zufolge haben sie alleine in Österreich bis zu 70 Mrd. Euro geparkt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2009)