Swap: In Linz versagte die Kontrolle

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Die Befragung des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger (SPÖ) im 530-Millionen-Euro-Prozess gegen die Bawag zeigt, dass die Verantwortlichen mit dem Swap-Geschäft überfordert waren.

Wien. Nach den Schlagzeilen über die Hypo Alpe Adria ist es im Rechtsstreit um ein missglücktes Swap-Geschäft zwischen der Stadt Linz und der Bawag still geworden. Doch auch hier drohen dem Steuerzahler immense Kosten. Denn die Bawag verrechnet für jeden Tag 100.000Euro an Verzugszinsen. Mittlerweile ist der Streitwert auf 530 Millionen Euro gestiegen.

Nach einer Unterbrechung von fünf Monaten wurde am Freitag der Zivilprozess mit der Befragung des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger (SPÖ) fortgesetzt. Luger war früher stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Immobilien Linz Gesellschaft (ILG).

Nicht nur die Stadt Linz, sondern auch die ILG hat mit der Bawag ein Swap-Geschäft abgeschlossen. Der Richter Andreas Pablik legte dem Bürgermeister ein Schreiben an den ILG-Aufsichtsrat aus dem Jahr 2007 vor. Dabei handelt es sich um einen Finanzbericht, in dem Begriffe wie „USD linked Swap“ und „Receiver Swaption“ vorkommen. Der Richter wollte wissen, ob der Aufsichtsrat der Immobiliengesellschaft diese Begriffe verstanden habe.

Der Bürgermeister antwortete, er sei bei dieser Sitzung im Jahr 2007 nicht dabei gewesen. Er habe das Protokoll später zugeschickt bekommen und habe dem Papier damals „keine große Bedeutung beigemessen“. Er habe die Protokolle „quergelesen“. Doch der Richter ließ nicht locker. Er wollte wissen, ob jemand im Aufsichtsrat gewesen sei, der „befähigt war, diese Finanzberichte zu prüfen, ob das alles stimmen kann“. Denn Aufgabe des Aufsichtsrats sei es, den Geschäftsführern auf die Finger zu schauen. „Wenn ich kontrolliere, muss ich mindestens genauso viel wissen wie der, der berichtet“, so der Richter.

Gab es eine Finanzkontrolle?

Der Linzer Bürgermeister entgegnete, dass er einen anderen Zugang habe, wenn es um Qualifikationen gehe: „Wenn Aufsichtsräte dieselben fachlichen Qualifikationen wie Vorstände haben sollen, dann ist aus meiner Sicht eine demokratische Entsendung von Aufsichtsräten nicht möglich.“ Der Aufsichtsrat der Linzer Immobiliengesellschaft war spiegelgleich mit den politischen Kräfteverhältnissen im Gemeinderat besetzt gewesen. Denn die ILG gehörte zu 100 Prozent der Stadt Linz. Schon bei der Gründung wurde festgehalten, dass die Ausgliederung städtischer Grundstücke in eine eigene Gesellschaft nicht „zum Verlust der grundsätzlichen politischen Entscheidungs- und Steuerungskompetenz der politischen Organe der Stadt Linz führen“ dürfe. Der Richter meinte dazu: „Das kommt mir so vor, als hätte man gesagt, ihr seid zwar jetzt eine ausgelagerte Gesellschaft, aber bestimmen tun schon noch wir.“

Geschäftsführer der ILG war Ex-Finanzdirektor Werner Penn, der auch andere Swap-Geschäfte mit der Bawag abgeschlossen hat. Penn war auch für die Finanzberichte der ILG zuständig. Bürgermeister Luger: „Ich konnte damals nicht beurteilen, ob die Berichte gut oder schlecht waren.“

Die Bawag-Anwältin Bettina Knötzl hakte nach und fragte, wer im Aufsichtsrat für die Finanzkontrolle verantwortlich gewesen sei. Laut Luger habe es damals keine Einzelverantwortung gegeben. Die Kontrolle sei „Aufgabe jedes einzelnen Aufsichtsrats“ gewesen.

Hartnäckige Befragung

Doch die Bawag-Anwältin ließ sich nicht beirren: „Wer hatte das Fachwissen für finanzielle Fragen?“ Dazu meinte Luger, ein gewisses Grundwissen sei bei allen Aufsichtsräten vorhanden gewesen. Doch der Linzer Ex-Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) habe BWL studiert und hätte daher einen „besseren Background“ gehabt als andere. Doch ausgerechnet Mayr hatte vor einem Jahr im Prozess erklärt, das höchste Bankenprodukt, mit dem er sich beschäftigt habe, sei ein „Bausparvertrag oder ein Sparbuch“ gewesen.

Anwalt Gabriel Lansky, der die Bawag vertritt, wollte wissen, ob Luger das Risiko des Swaps bewusst gewesen sei. Er verwies auf einen Finanzbericht. Darin heißt es, dass die ILG Ausgleichszahlungen leisten müsse, „wenn der 6-Monats-Euribor über dem Strike von 4,5 Prozent liegt“. Luger erklärt dazu, ihm sei das Risiko in dieser Form nicht bewusst gewesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2014)

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