Energie: Richter bremsen Wirtschaftsministerium aus

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AUT, Bundesregierung, MinisterratMichael Gruber / EXPA / pictured
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"Presse" exklusiv: Reinhold Mitterlehner muss einen neuen Wächter der Energieeffizienz suchen. Das Verwaltungsgericht erklärt die erste Vergabe für nichtig.

Seit einigen Wochen kennt Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nur ein Thema: Die Steuerreform. Doch so sehr er sich auch darum bemüht, ganz kann er sich nicht darauf konzentrieren. Denn die alten Pflichten als Wirtschafts- und Energieminister holen ihn immer wieder ein: Im Herbst hatte sein Ressort – mit einiger Verspätung – entschieden, wer künftig darüber wachen soll, dass die Österreicher ab 2015 jedes Jahr weniger Energie verbrauchen. Die Österreichische Energieagentur (AEA) bekam den Zuschlag, gemeinsam mit dem Umweltbundesamt die Aufgabe als Energieeffizienz-Monitoringstelle zu übernehmen. Doch daraus wird nun nichts.

Wie die „Presse“ in Erfahrung bringen konnte, hat das Bundesverwaltungsgericht am Freitag dem Antrag eines unterlegenen Mitbieters stattgegeben und die Vergabe für nichtig erklärt. Für den Vizekanzler ist das eine schwerer Rückschlag. Denn ohne Monitoringstelle greift auch sein Energieeffizienz-Gesetz, ein Kernstück seiner Periode als Wirtschaftsminister, nicht wirklich. Zehn Tage vor Inkrafttreten des Gesetzes ist der Zeitplan damit stark unter Druck.

„Prüfschritte unterlassen“

Wie berichtet müssen Österreichs Energieversorger ab dem 1. Jänner 2015 laut Gesetz dafür Sorge tragen, dass ihre Kunden bis ins Jahr 2020 jährlich um 0,6 Prozent weniger Energie verbrauchen. Mit welchen Mitteln die Versorger ihre Kunden dazu „überreden“ dürfen und wer das überwachen wird, weiß die Branche aber noch immer nicht. Diese Entscheidungen sollte die Monitoringstelle fällen.

AEA und Umweltbundesamt, die Gewinner der ersten Ausschreibung, können ihre bisherigen Bemühungen schon wieder einstellen. Denn das Bundesverwaltungsgericht hält es „nicht nachvollziehbar“, warum sie den Zuschlag erhalten haben und ordnete die Neuausschreibung an.
Vor allem an einem Punkt stieß sich das Gericht: Warum variierten die Angebote der vier Mitbieter so stark? Klarer Bestbieter war die E-Control mit knapp zwei Millionen Euro. Der Teuerste verlangte zehn Mal so viel. Aber auch zwischen dem Zweitbilligsten (der AEA) und dem Drittbilligsten liegt eine Differenz von 300 Prozent. Das Ministerium hätte dem näher nachgehen müssen, hält das Gericht im Urteil fest: Doch stattdessen habe der Auftraggeber „entscheidungsrelevante Prüfschritte zur Angemessenheit der Preise (gänzlich) unterlassen.“ Es sei nicht klar ersichtlich, warum die AEA den Zuschlag erhalten habe.

Der Preis alleine hat in jedem Fall nicht den Ausschlag gegeben. Laut Ausschreibung fällt er nur zu 15 Prozent ins Gewicht. 85 Prozent der der Entscheidung mache die Qualität des Angebots aus. Dass die AEA und das Umweltbundesamt dazu in der Lage sind, die Aufgabe gut zu bewältigen, stellen auch die Mitbieter nicht in Frage. Gegenwind gab es dennoch von Beginn an. Grund dafür ist die „Nähe“ der Energieagentur (AEA) und deren Sub-Auftragnehmer, dem Umweltbundesamt mit dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium, das ebenfalls in die Vergabe eingebunden war. Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) ist AEA-Präsident, der Wirtschaftsminister sein Vize, beide gemeinsam die größten Geldgeber. In einer Stellungnahme im Verfahren hielt das Wirtschaftsressort fest, dass die „Bewertung nach objektiven und sachlich nachvollziehbaren Gesichtspunkten erfolgt“ sei.

„Wir sehen uns das an“

Die Richter waren anderer Meinung und damit muss Reinhold Mitterlehner die Suche nach einem Hüter der Energieeffizienz von vorne beginnen. Eine große Überraschung dürfte das für ihn nicht sein. Schon vor wenigen Wochen empfahl die interne Finanzprokuratur, Anwalt und Berater der Republik, das Verfahren komplett neu auszuschreiben, um alle Zweifel an der Vergabe aus dem Weg zu räumen. Mit dem Urteil des Gerichts bleibt ihm nun keine andere Wahl.

Aber was das genau bedeutet, ist vielen betroffenen Unternehmen nicht ganz klar. Aus dem Ressort war wenig zu erfahren: „Wir sehen uns das an“, hieß es auf Anfrage der „Presse“. Der Zeitplan sei nicht gefährdet. Österreichs Energieversorger müssten der (noch zu findenden) Monitoringstelle erst im Februar 2016 melden, was sie 2015 getan haben, um ihre Kunden zu mehr Sparsamkeit zu treiben.

Bleibt zu hoffen, dass bis dahin entschieden ist, an wen sie diese Briefe adressieren müssen.

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