Jede dritte Bankfiliale ist zu viel

(c) Clemens Fabry
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Der Rückgang des Privatkundengeschäfts bei Banken hält an. Bis 2018 wird daher ein Drittel der heimischen Filialen zusperren müssen, so eine Studie der Unternehmensberater BCG.

Wien. Im Sommer äußerte bereits der Internationale Währungsfonds Bedenken hinsichtlich der Profitabilität der heimischen Banken. Zuletzt – bei der Präsentation des aktuellen „Financial Stability Reports“ – folgte die Nationalbank: Bei den Margen im Inlandsgeschäft liegen die österreichischen Institute demnach deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Erst die Gewinne aus Osteuropa machten bislang das Kraut fett, aufgrund der Probleme im Osten trifft dies jedoch in immer geringerem Ausmaß zu.

Für die heimische Bankenlandschaft wird dies in den kommenden Jahren gravierende Veränderungen bedeuten, zeigt eine Branchenuntersuchung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG), die der „Presse“ vorliegt. Demnach setzt sich der mit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 eingeleitete Rückgang bei den Erträgen im Privatkundensegment nahezu ungebremst auch in den kommenden Jahren fort. So erzielten die heimischen Banken mit den sogenannten Standardkunden (Einlagen unter 50.000 Euro) heuer noch Erträge von 2,6 Mrd. Euro. Bis zum Jahr 2018 wird dieser Betrag auf zwei Mrd. Euro zusammenschmelzen. Vor sechs Jahren waren es noch 3,9 Mrd. Euro.

Einlagen als Nichtgeschäft

„Früher lag die Marge bei Spareinlagen bei zwei bis 2,5 Prozent. Heute liegt sie vielleicht noch bei 0,25 Prozent“, sagt dazu Holger Sachse, Bankenexperte bei BCG. Grund dafür ist nicht zuletzt die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die Einlagen nicht nur für Sparer zu einem Nichtgeschäft machen.

Gerade dieses klassische Einlagengeschäft ist es jedoch, das für viele kleinere Filialen bisher das wirtschaftliche Rückgrat war. „Wenn ein Fünftel der Erträge verschwindet und die Kosten gleichzeitig um zwei bis drei Prozent pro Jahr steigen, dann wird bis zu einem Drittel der Filialen verschwinden“, prognostiziert Sachse für die Zeit bis 2018.

Derzeit gibt es noch etwa 4100 Bankfilialen in Österreich. Im internationalen Vergleich gilt die Republik damit als „overbanked“. So kommen laut BCG hierzulande 1700 Kunden auf eine Bankfiliale. In Deutschland – wo ebenfalls ein Filialsterben erwartet wird – sind es bereits 2000, in Großbritannien 4600 und in den Niederlanden sogar 6400. „Einige der heimischen Bankfilialen sind richtige Zombiefilialen – die haben oft gar keinen Kunden am Tag“, sagt Sachse.

Am stärksten von diesem Einschnitt betroffen sein werden laut Sachse jene Banken, die „vor allem Massengeschäft haben und vornehmlich auf dem Land tätig sind“. Denn bei vermögenden Kunden (ab Einlagen von 250.000 Euro) herrscht ein anderer Trend – hier können die Banken ihre Erträge in den kommenden Jahren sogar von derzeit 2,7 auf 2,9 Mrd. Euro steigern. Diese Kunden werden jedoch in Spezialfilialen betreut, die nur in größeren Städten zu finden sind.

Neue Jobs in neuen Segmenten

Auswirkungen hat dieses erwartete Filialsterben naturgemäß auch auf die knapp 78.000 heimischen Bankmitarbeiter. Bei diesen werde es auch eine deutliche Reduktion geben. Allerdings werde diese geringer ausfallen als bei der Zahl der Filialen, da in anderen Bankbereichen auch neue Jobs entstehen würden, so die Unternehmensberater. Die Banken müssten nämlich gänzlich neue Geschäftsmodelle entwickeln, um den Rückgang im Filialgeschäft mit Erträgen in neuen Segmenten wieder aufzufangen.

Eines dieser Segmente werde die Datenaufbereitung und Statistik sein. Denn Banken besitzen von ihren Kunden vor allem eines, so BCG: wertvolle Daten. Und sie werden nicht umhinkommen, diese Daten zu nutzen, um Kundenbedürfnisse besser zu verstehen und etwa Angebote für Finanzierungen individueller und zielgerichteter anzubieten. „Die Banken müssen das aus wirtschaftlichen Gründen machen, haben dabei aber immer das Risiko, die öffentliche Meinung gegen sich zu haben“, sagt Sachse.

Dies bedeute, dass die Finanzinstitute künftig zwar weniger, aber wesentlich besser ausgebildete Mitarbeiter brauchen werden. „Es wird viel weniger um die Quantität als um die Qualität gehen.“

Keine Veränderung wird es laut BCG übrigens bei den Gebühren geben, die im internationalen Vergleich hierzulande auch eher gering sind. Obwohl die Banken gern höhere Gebühren hätten, werde dies aufgrund des Konkurrenzdrucks nicht möglich sein.

AUF EINEN BLICK

Bis zum Jahr 2018 wird laut der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) bis zu einem Drittel der heimischen Bankfilialen geschlossen werden müssen. Grund dafür sind die weiter sinkenden Erträge im klassischen Einlagengeschäft bei sogenannten Standardkunden (Einlagen unter 50.000 Euro). Diese werden laut BCG in den kommenden vier Jahren um rund ein Fünftel auf zwei Mrd. Euro zurückgehen. Der Mitarbeiterabbau wird nicht ganz so drastisch ausfallen, da in neuen Segmenten neue Jobs entstehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2014)

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