Sektsteuer und Co.: Alles nur Bagatelle?

Die Sektsteuer schmeckt niemandem.
Die Sektsteuer schmeckt niemandem.(c) BilderBox Bildagentur GmbH
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Man nennt sie verharmlosend Bagatellsteuern. Lustbarkeitsabgabe, Luftsteuer und Co. bringen dem Fiskus zwar wenig ein, sind aber vielen Steuerzahlern ein Ärgernis.

Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. So lautet ein altes Sprichwort. Und es lässt sich auch auf das heimische Steuersystem anwenden. Denn da wimmelt es nur so von „Kleinvieh“. Die Rede ist von den sogenannten Bagatellsteuern. Ein sehr verharmlosender Begriff, wenn man nur an die Geschichte der Sektsteuer denkt. Eine ganze Branche ist in Aufruhr. Zugegeben auch etwas in künstlichem Aufruhr. Aber dennoch. Eine Steuer, die in den ersten zehn Monaten gerade einmal 3,95 Millionen Euro einspielt, stellt in Anbetracht einer Steuer- und Abgabenlast 2013 von 138 Milliarden Euro nicht einmal mehr eine Bagatelle dar, sondern wird von vielen nur noch als Ärgernis wahrgenommen.

Dieses Ärgernis wird auch nur deshalb öffentlich gemacht, weil die Sektsteuer wiederbelebt worden ist. An all die anderen „Bagatellen“ im Steuerdschungel hat man sich offenbar nolens volens gewöhnt. Zeit, sich diese wieder in Erinnerung zu rufen. Hier ein kleiner, bei Weitem nicht vollständiger Auszug, aus dem ganz normalen österreichischen Steuerwahnsinn.

Lustbarkeitsabgabe. So lustig, wie sie vorgeben zu sein, sind sie gar nicht. Die Lustbarkeitsabgabe und die Vergnügungssteuer werden von den Gemeinden eingehoben, und zwar bei Veranstaltungen, „die bei den Teilnehmern jedenfalls in irgendeiner Weise Lustgefühle dadurch auszulösen geeignet sind, dass sie entweder den Vergnügungsbetrieb oder die Schaulust oder aber die Wissbegierde oder höhere Bedürfnisse der Teilnehmer befriedigt“. So beschreibt es der Verwaltungsgerichtshof. In Wien fällt auch Striptease und Tabledance darunter. Auch wenn sie 2013 nur 84 Millionen Euro in die Staatskasse gespült hat, so ist die Vergnügungssteuer möglicherweise doch ein Indikator für die Stimmung in diesem Land. Denn seit einigen Jahren nimmt der fiskalische Spaßfaktor kontinuierlich ab. 2010 ließen sich die Österreicher ihr Vergnügen noch 107 Steuermillionen kosten.


Luftsteuer. Auch wenn in Anbetracht einer Steuerquote von 45,4 Prozent die Luft für die Steuerzahler immer dünner wird, zumindest der Luftsteuer scheint die Luft nicht auszugehen. Sie brachte den Kommunen 2013 immerhin 231Millionen Euro ein. Die Gebrauchsabgabe oder Luftsteuer fällt an, wenn man sich öffentlichen Raum zunutze macht. Etwa in Form von Schanigärten. Die irrwitzige Bezeichnung Luftsteuer rührt daher, dass auch für Reklametafeln und Schaukästen die Steuer zu entrichten ist. Und diese berühren ja keinen öffentlichen Grund und Boden, sondern hängen in der Luft.


Grundbucheintragungsgebühr. Luftsteuer hin oder her. Das Prädikat „aus der Luft gegriffen“ verdient sich die Grundbucheintragungsgebühr viel eher. Im Jahr 2013 kassierte der Fiskus 790 Millionen Euro an Grunderwerbssteuer. Die Steuer beträgt 3,5 Prozent des Grundstückswerts. Darüber hinaus verrechnet die Justiz eine Grundbucheintragungsgebühr. Sie verlangt dafür immerhin 1,1 Prozent des Werts des Grundstücks. Machte 2013 eine schlanke Viertelmilliarde aus. Bleibt die Frage: Was ist eine Gebühr? Auf der Homepage der Gemeinde Wien heißt es: „Gebühren sind Geldleistungen, die als Entgelt für unmittelbar in Anspruch genommene Dienste eingehoben werden. Als Steuern werden Geldleistungen bezeichnet, denen keine unmittelbare Gegenleistung gegenübersteht.“

Dass also für Steuern „keine unmittelbare Gegenleistung gegenübersteht“ ist somit amtlich. Aber auch die Gegenleistung in Höhe von knapp 250Millionen Euro für Eintragungen ins Grundbuch scheint ziemlich aus der Luft gegriffen.


Gesellschaftssteuer. Jeder, der sich in diesem Land für das Unternehmertum entscheidet und eine GmbH gründet, zahlt zuallererst einmal die Gesellschaftssteuer. Diese Form der Unternehmensgründung-Strafsteuer findet man neben Österreich nur noch in Ländern wie Zypern, Griechenland und– als Registrierungsgebühr – in Italien. Mit anderen Worten: Wir befinden uns wirtschaftspolitisch in bester Gesellschaft. Zwar machte die Gesellschaftsteuer 2013 gerade einmal 67Millionen aus, aber es geht auch um die Optik. Dass die Strafsteuer für Unternehmer keinen schlanken Fuß macht, haben mittlerweile auch die Politiker erkannt. Ab 2016 wird sie nicht mehr eingehoben.

Kammerumlagen. Wenn man sich die Diskussion zur Steuerreform anhört, gibt es zumindest in einem Punkt Einigkeit: Die Löhne und Gehälter müssen steigen. „Mehr Netto vom Brutto“ lautet die Devise. Für die Wirtschaftskammer gilt diese übrigens schon längst. Denn die KammerumlageII wird nach der Lohn- und Gehaltssumme bemessen. 310 Millionen Euro waren es 2013. Wer also seinen Mitarbeitern mehr bezahlt oder neue Leute einstellt, darf dann als „Belohnung“ mehr an die Kammer abführen. Dabei ist es freilich ganz egal, ob das Unternehmen Gewinne schreibt. „Substanzsteuer“ nennt man das dann wohl.

Die Kammerumlage I gibt es ja auch noch. 180 Millionen hob der Fiskus im Auftrag der Wirtschaftskammer 2013 ein. Die Kammerumlage I ist vom Wert der Vorsteuer abhängig. Wenn also ein Unternehmen – was in Zeiten wie diesen ohnehin immer seltener der Fall ist – mehr investiert, so erhöht sich automatisch die Kammerumlage I.


Ausnahmeregelungen. Bei so vielen Bagatellen kann es passieren, dass man den Überblick verliert. Einige könnte man im Sinn einer Vereinfachung des Steuersystems getrost streichen. Im Gegenzug könnte man, wie Rechnungshofpräsident Josef Moser dieser Tage forderte, bei den wirklich großen Steuerbrocken ordentlich ausmisten. Allein bei der Einkommensteuer, urgiert Moser, gibt es 558 Begünstigungen. Warum und zu welchem Zweck diese Begünstigungen gewährt werden, kann Moser in den meisten Fällen nicht nachvollziehen. Immerhin entgehen dem Staat dadurch Steuern in Höhe von neun Milliarden. Von Bagatelle kann da wohl keine Rede sein.

Steuern

138 Milliarden Eurokassierte 2013 der österreichische Staat an Steuern und Sozialabgaben. Die Österreicher führten somit um 3,8 Prozent oder 5,2 Milliarden Euro mehr an Steuern und Sozialbeiträgen ab als ein Jahr zuvor.

Die Sozialbeiträge steigen rasanter als die Steuern. Während 2013 die Steuerlast „nur“ um 3,6 Prozent gegenüber dem Jahr 2012 zunahm, schnellten die Sozialbeiträge um 4,5Prozent in die Höhe.

Die Lohnsteuer hat 2012 die Umsatzsteuer als einträglichste Steuer in Österreich abgelöst. 2013 entfielen 25,7Milliarden Euro auf die Lohnsteuer, an Umsatzsteuer wurden 25 Milliarden entrichtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2015)

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