Verkehr: Lkw-Maut auf allen Straßen?

(c) APA/dpa/UNBEKANNT (UNBEKANNT)
  • Drucken

Im Vorjahr brachten die Bundesländer die Idee auf, von Lkw überall Maut zu verlangen. Demnächst soll die Entscheidung fallen. Die Wirtschaftskammer wehrt sich vehement dagegen.

Wien. Im April des Vorjahres trafen die Verkehrslandesräte der Bundesländer in Klagenfurt mit der damaligen Verkehrsministerin, Doris Bures, zusammen. Ergebnis dieses Treffens war unter anderem die Idee für eine neue Einnahmequelle – und zwar in Form einer Lkw-Maut auf den Landes- und Gemeindestraßen. Dies würde den Ländern hunderte Millionen Euro und damit dringend benötigte Mittel bringen, die sie für die Sanierung der Straßen bräuchten, rechnete etwa Salzburgs Verkehrslandesrat Hans Mayr damals vor.

Um die Entscheidung nicht zu überstürzen, sollte zuvor jedoch eine Arbeitsgruppe noch eine Studie zu dem Thema ausarbeiten. Das Ergebnis dieser Studie wird für das Ende des ersten Quartals erwartet. Für die Wirtschaftskammer (WKO), die ihre Ablehnung der Pläne bereits mehrfach bekundet hat, ist nun also der richtige Zeitpunkt gekommen, ihrerseits eine Studie zu präsentieren, die zeigt, warum die flächendeckende Maut keinesfalls kommen dürfe.

Durchgeführt hat die Untersuchung der renommierte Verkehrsökonom Sebastian Kummer von der Wiener Wirtschaftsuniversität. Und er kommt zu einem vernichtenden Ergebnis. Demnach würde die flächendeckende Lkw-Maut nicht nur die heimische Transportwirtschaft treffen, sondern vor allem auch den Wirtschaftsstandort. „Und dabei vor allem jene abgelegenen Regionen, die eigentlich gefördert werden sollen“, so Kummer.

Mehrkosten für Konsumenten

„Bei einigen der analysierten Unternehmen würden die direkten Zusatzkosten der Maut sechs Prozent vom Umsatz ausmachen“, so Kummer. Betroffen seien davon vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, da die größeren Konzerne in der Regel direkt an den bereits bemauteten Autobahnen oder Schnellstraßen liegen.

Aber nicht nur die Wirtschaft wäre von der Maut negativ beeinflusst, auch die Konsumenten müssten mehr bezahlen. Kummer beziffert die Mehrkosten auf bis zu 77 Euro pro Kopf und Jahr. Für eine vierköpfige Familie würden somit Kosten von rund 300 Euro anfallen. „Die Maut brächte einen Abschlag vom Wachstum, wäre ein Anschlag auf die Kaufkraft und ein Rückschlag für strukturschwache Regionen“, meint dazu WKO-Präsident Christoph Leitl.

Anders sieht man die Situation hingegen bei der Arbeiterkammer (AK). Die Arbeitnehmervertretung macht sich seit Längerem für die Maut stark – so auch in einer Aussendung am Mittwoch. Laut ihr brächte die flächendeckende Maut einen „fairen Kostenausgleich“, da Straßen durch Lkw überdurchschnittlich belastet, die Kosten dafür aber von allen Steuerzahlern getragen würden. Die Auswirkungen auf die Kaufkraft würden dabei laut AK überschätzt. Sie zitiert eine Studie, wonach mit einem allgemeinen Preisanstieg von maximal 0,14Prozent zu rechnen sei.

Das deckt sich auch mit den Erfahrungen der Schweiz, die 2001 bereits eine flächendeckende Maut eingeführt hat. Laut dem Schweizer Ministerium für Raumordnung stiegen die Kosten nur um 0,11Prozent. Und auch die Auswirkungen auf die entlegenen Regionen sind in der Schweiz mit „40 Franken pro Beschäftigtem und Jahr gering ausgefallen“. Selbst die Zahl der Vollzeitstellen in der Schweizer Transportwirtschaft ist demnach mit 14.000 Personen seit 2001 – trotz Maut – gleich geblieben.

Steuern stiegen rasant an

Aber es sind nicht nur die Auswirkungen der Maut, die bei der WKO für Ablehnung sorgen, sondern auch die Gründe für die Einführung. So zahle der heimische Verkehr nicht nur bereits 11,2 Mrd. Euro pro Jahr in Form von Steuern, der Ertragsanteil der Bundesländer habe sich seit 2002 (als die Bundesstraßen an die Länder gingen) auch um fast 130 Prozent gesteigert. Seither seien die Gesamtausgaben der Länder um 46 Prozent gestiegen, jene für den Straßenbau aber um zwei Prozent gesunken. Es gebe also kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.