Woran es Österreichs Spitzenmanagern fehlt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Heimischen Managern fehle es an Sprachkenntnissen, Flexibilität und wirtschaftlichem Denken, sagt Personalberaterin Roubin. Es werde für internationale Firmen immer schwieriger, in Österreich hoch qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

Kaum ein Wirtschaftszweig steht vor so großen Veränderungen wie die Gesundheitsindustrie. In der Pharmabranche gibt es eine Milliardenübernahme nach der anderen. Dies hängt unter anderem mit den Einsparungen bei den öffentlichen Gesundheitsausgaben zusammen, zudem laufen die Patente von vielen umsatzträchtigen Medikamenten aus. „Die internationalen Umwälzungen werden auch massive Auswirkungen auf die österreichische Gesundheitsindustrie haben“, sagt Kerstin Roubin, weltweite Leiterin des Branchenbereiches Gesundheit, Pharma und Medizintechnik beim Personal-Recruiter Boyden.

Das Problem sind ihrer Ansicht nach nicht nur die hohen Lohnnebenkosten, durch die der Standort Österreich an Attraktivität verliert. Tatsächlich werde es für internationale Firmen immer schwieriger, in Österreich hoch qualifizierte Mitarbeiter zu finden. „Die österreichischen Spitzenmanager sind auf die internationalen Herausforderungen nicht ausreichend vorbereitet“, kritisiert Roubin im „Presse“-Gespräch.

Ihnen fehle es an Sprachkenntnissen, regionaler Flexibilität, internationalen Erfahrungen und wirtschaftlichem Denken. Der Personal-Recruiter Boyden muss für globale Gesundheitskonzerne immer wieder Führungskräfte für die Österreich-Töchter finden. „Doch es mangelt an qualifizierten Personen. Zwei Drittel der Stellen werden dann mit Managern aus dem Ausland oder mit Auslandsösterreichern besetzt“, sagt Roubin.

Denn viele Bewerber aus Österreich seien oft nicht in der Lage, einen Businessplan in englischer Sprache zu formulieren. „Ganz wenige österreichische Manager haben internationale Erfahrung“, so Roubin. Sie wollen auch nicht an einen anderen Standort ziehen. „In Deutschland ist es dagegen überhaupt kein Problem, jemanden aus Hamburg für eine Stelle in München zu finden“, sagt die Expertin.

Frauenanteil bei zehn Prozent

Roubin ist bei Boyden zwar auf die Gesundheitsindustrie spezialisiert, doch sie vermutet, dass die Lage in anderen Branchen ähnlich ist. Erhebliche Defizite gibt es auch bei der sogenannten Diversity – also der Vielfalt im Personalbereich. Zwar seien in der Gesundheitsindustrie 40 Prozent der Mitarbeiter Frauen, doch in der ersten und zweiten Führungsebene liege der Frauenanteil nur bei zehn Prozent. Laut einer Umfrage von Boyden sind den heimischen Spitzenmanagern in der Gesundheitsbranche ihre Defizite gar nicht bewusst. 70 Prozent der Geschäftsführer glauben, dass sie den internationalen Anforderungsprofilen durchaus entsprechen. Doch in der Praxis sehe das leider anders aus, sagt Roubin.

Laut der Umfrage sind 87 Prozent der befragten Manager davon überzeugt, dass sich die österreichischen Gesundheitsfirmen in den nächsten drei bis fünf Jahren durch Sparprogramme und Effizienzsteigerungen neu aufstellen müssen. Dabei könnten mindestens zehn Prozent der Beschäftigten ihren Job verlieren, schätzt Roubin.

Mit 25.000 Mitarbeitern ist die Pharmabranche hierzulande ein wichtiger Arbeitgeber. Hinzu kommen noch 23.000 Beschäftigte in der Medizintechnik. Der Umbau läuft schon längst. Beim Schweizer Pharmariesen Novartis wanderten Forschungsprogramme von Wien nach Basel ab. Der US-Pharmariese Baxter streicht ebenfalls Stellen. Den betroffenen Mitarbeitern wurde ein Wechsel nach Boston angeboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2015)

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