Posten im U-Ausschuss: Feilschen bis zuletzt

NATIONALFEIERTAG 2014: TAG DER OFFENEN T�R IM PARLAMENT-BURES
NATIONALFEIERTAG 2014: TAG DER OFFENEN T�R IM PARLAMENT-BURES(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Doris Bures soll im Alleingang ihre Wunschliste zusammengestellt haben. Kritik gibt es, weil die Kandidaten je zur Hälfte als rot oder schwarz gelten. Und die Besetzung könnte noch wichtig werden.

Wien. Schon kommende Woche, am 26.Februar, will sich der Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe Adria konstituieren. Doch heikle Postenfragen sind noch offen und sollen heute, Donnerstag, geklärt werden. Insbesondere geht es darum, wer Verfahrensrichter und wer Verfahrensanwalt wird.

Grund für den Disput ist ein angeblicher Alleingang von Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ): Am Dienstag präsentierte sie in einer Sonderpräsidialkonferenz allen Parteien eine Liste mit ihren Präferenzen. Hermann Germ, Ex-Sektionschef im Justizministerium und SPÖ-nah, wurde als potenzieller Verfahrensrichter genannt. Als sein Vize war der als konservativ geltende Ex-Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, Walter Pilgermair, vorgesehen. Als Verfahrensanwalt wurde der (der ÖVP zuzurechnende) Grazer Uni-Professor Gerhart Wielinger genannt – und als sein Stellvertreter der der roten Reichshälfte zugeordnete Linzer Uni-Professor Bruno Binder.

Heute, Donnerstag, entscheidet der Geschäftsordnungsausschuss über die beiden Besetzungen. Am Mittwoch wurde hinter den Kulissen noch heftig darüber diskutiert. Denn nicht nur in der Opposition, auch beim Koalitionspartner ÖVP wunderte man sich über die Pläne der Präsidentin. Selbst schwarze Vertreter sollen nicht in die Liste eingeweiht worden sein.

Lopatka: "Richterliche Erfahrung nötig"

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka sprach Bures' Wunschkandidat Germ in der "Kleinen Zeitung" (Donnerstagausgabe) indirekt die Qualifikation ab: "Wir gehen davon aus, dass Verfahrensrichter über einschlägige richterliche Erfahrung in der Verhandlungsführung verfügen müssen", sagte Lopatka.

Um doch noch einen Konsens in dieser Sache zu erzielen, soll Bures nun eine neue Besetzung planen, ist zu hören: Die Stellvertreter (also Pilgermair und Binder) könnten gute Karten haben. Vor allem die Opposition ist mit Bures' Vorgangsweise unzufrieden: In den Verhandlungen zur Reform des U-Ausschusses sei vereinbart worden, dass die Besetzungen die Zustimmung aller Klubs haben sollen, meint der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Dieter Brosz. Auch in der Vergangenheit sei es Usus gewesen, dass die Präsidentin mit den anderen Parteien über derartige Personalia diskutiert. Erst nach einer solchen „Beratung“ würde darüber abgestimmt. „Die Grünen werden dem Vorschlag der Nationalratspräsidentin jedenfalls nicht zustimmen.“

Die Personen, die ins Spiel gebracht wurden, wollte Brosz zwar nicht kommentieren. Er stellte jedoch fest, dass für diese Aufgaben richterliche bzw. anwaltliche Erfahrung gefordert sei.

In Bures' Büro verstand man die Aufregung am Mittwoch trotzdem nicht ganz. Bures verwies auf die gesetzlichen Vorgaben der Verfahrensordnung, wonach sie einen Vorschlag für Verfahrensrichter und Verfahrensanwalt zu machen habe. Die Nationalratspräsidenten selbst werden im U-Ausschuss den Vorsitz übernehmen.

15 Minuten Zeit für Fragen

Der Streit um den ihnen beigestellten Verfahrensrichter ist von Brisanz, weil ihm im neuen System eine wichtige Rolle zukommt. Aber nur, wenn er sie nutzt. Künftig werden Zeugen (korrekt: Auskunftspersonen) mit der Ladung über das Thema informiert. Sie können ein bis zu 20-minütiges Statement abgeben. Dann darf der Verfahrensrichter Fragen stellen – bis zu einer Viertelstunde. Das macht den Verfahrensrichter zu einer wichtigen Person. Zudem ist er maßgeblich am Abschlussbericht beteiligt.

Der Verfahrensrichterkandidat Germ hat zwar die Richteramtsprüfung. Der Ministeriumsmitarbeiter ist aber, wie Kritiker monieren, zu wenig als Richter in Erscheinung getreten. Wielinger, Kandidat für den Verfahrensanwalt (der die Rechte der geladenen Auskunftspersonen wahrt) ist kein Anwalt. Er machte sich aber als Professor und steirischer Landesamtsdirektor einen guten Namen. Vorgeworfen wurde ihm jedoch, als Beamter zu sehr im Interesse der ÖVP gehandelt zu haben. Für Aufregung sorgte Wielinger, als er 2004 als Landesamtsdirektor einmal erklärte, dass es auch „das Bett als soziale Aufstiegshilfe“ gebe. Der Jurist bedauerte seine Wortwahl, erklärte aber auch, missdeutet worden zu sein.

DER VERFAHRENSRICHTER

Diese Funktion wurde mit der Reform neu eingeführt: Der Verfahrensrichter (der Posten wird mit einem ehemaligen Richter besetzt) darf als Erster die Fragen an die sogenannten Auskunftspersonen stellen. Er ist bei allen Sitzungen als Berater anwesend. Ihm kommt eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, den Endbericht des U-Ausschusses zu fertigen.

DER VERFAHRENSANWALT

Er wahrt die Interessen der Auskunftspersonen (Zeugen). Etwa, in dem er sich bei Fragen, die den Persönlichkeitsschutz verletzen, zu Wort meldet. Die Funktion ist nicht neu, es gab sie schon in vergangenen Ausschüssen. Die Zeugen dürfen zudem einen persönlichen Anwalt zur Vernehmung mitnehmen. Man muss auch nicht aussagen, wenn man sich selbst belasten würde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2015)

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