Warum die Steuer aufs Erbe in schlechter Erinnerung ist

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Experten warnen vor dem SPÖ-Plan: Das Volumen wäre klein, die Fragen der Bewertung sind so ungelöst wie früher.

Wien. Erst sechseinhalb Jahre ist es her, da schien die Erbschaftssteuer in Österreich zu Grabe getragen: Die obersten Richter erklärten sie für verfassungswidrig, die Bürger lehnten sie ab, und auch die SPÖ hatte keine Lust, etwas so Unpopuläres zu reparieren. Im Zuge der Steuerreform hält sie das heute für einen schweren Fehler und will das Tote wieder beleben – auch nach dem Rückzieher bei der Substanzbesteuerung. Denn es ginge ja um eine Zuwachssteuer, weil das Vermögen dem Erben zuwächst.

Ein „semantischer Trick“, ärgert sich Günter Stummvoll, heute Sprecher einer Mittelstandsplattform, die gegen Vermögensteuern mobil macht. So auch auf einer Pressekonferenz am Freitag, bei der erfahrene Praktiker Schützenhilfe leisteten. Dass mit einer Erbschaftssteuer neu 500 Millionen pro Jahr zu erzielen wären, hält Gerhard Lehner für „undenkbar“. Der Doyen unter den heimischen Steuer- und Budgetexperten erinnert sich an die starken Schwankungen im Aufkommen: „Es hängt immer davon ab, ob gerade ein besonders Reicher gestorben ist und wie viel Erben er hat.“ Im Schnitt lag das Volumen zwischen 100 und 150 Mio. Euro, selbst im stärksten Jahr (2001) waren es nur 190 Mio.

Nur 150 Mio. sind realistisch

Freilich sieht die SPÖ Neuerungen vor. Über den geplanten Freibetrag von einer Million wären im letzten Jahr der alten Steuer 49 Erben gekommen, die nur zwölf Millionen einbrachten. Doch für solche „Reiche“ plant die SPÖ nun weit höhere Sätze. Vor allem aber kämen die Stiftungen dazu. In Summe ergeben sich für Lehner auch in der neuen Variante nur 150 bis 200 Mio. Das schätzt auch Klaus Hübner. Der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist selbst Steuerberater und hat die alte Steuer in schlechter Erinnerung.

80 Prozent entfiel auf Betriebsvermögen. Für viele Firmen sei sie „nicht leistbar“. Das führe dazu, dass Unternehmer ihren Kindern ein Fruchtgenussrecht einräumen und so den Firmenwert drücken – „absurde Konstruktionen“, die „wir alle nicht wollen“. Bei Kunst und Schmuck gebe es andere Probleme: „Entweder schnüffeln Fahnder im Privatbereich herum, oder die Steuer ist sehr umgehungsanfällig.“

Bei Aktien stellt sich die Frage des Stichtags, bei Immobilien die des Wertes. Niedrige Einheitswerte kommen nicht infrage, ihretwegen hatten die Richter das Gesetz gekippt. Für Bauern wäre der „echte“ Verkehrswert als Basis existenzbedrohend. Generell fehlen bei Liegenschaften Daten. Zwar bieten drei Firmen sie an, aber Lehner und Hübner bezweifeln die Vollständigkeit. Zumindest zur Bewertung der Bausubstanz käme man um teure Gutachten nicht herum.

Schützenhilfe bekommt die SPÖ hingegen aus Brüssel: Die EU-Kommission sieht neben einer höheren Grundsteuer auch eine Erbschaftssteuer als taugliches Mittel, um den Faktor Arbeit zu entlasten. Die heimischen Experten rücken lieber Rankings zurecht: Zwar zahlen in 15 von 28 EU-Staaten die Erben Steuer. Aber nur Belgien und Finnland haben zugleich auch eine höhere Fiskalquote als Österreich. Stummvoll lässt auch den bei Kanzler Faymann beliebten Verweis auf die deutsche Erbschaftssteuer nicht gelten. Denn in Deutschland ist die Fiskalquote um vier Prozentpunkte niedriger. „Das macht auf Österreich umgelegt zwölf Milliarden im Jahr.“ Die beiden Themen zu trennen sei eine „Volksverdummung“.

STEUERBERATER DES JAHRES

„Die Presse“ und IFA Finanzgruppe suchen zusammen mit dem „Wirtschaftsblatt“ Österreichs Steuerberater des Jahres. Jeder Unternehmer hat bis 20. März die Gelegenheit, den Steuerberater seines Vertrauens zu nominieren.

So wird nominiert: Unternehmer können in acht Kategorien Steuerberater nominieren. Bis zu drei Nennungen (Berater bzw. Kanzlei) sind je Kategorie möglich. Neben der allgemeinen Kategorie Allrounder Regional gibt es sieben spezielle Fachbereiche: freie Berufe, Private Clients, Immobilien und Bau, Umgründungen, M&A und Kapitalmarkt, Banken und Finanzen sowie internationales Steuerrecht. Die fünf Namen mit den meisten Nennungen pro Kategorie werden einer Fachjury vorgelegt, die die Endauswahl trifft. In dieser sitzen Experten der jeweiligen Bereiche – darunter CEOs von ATX-Konzernen. Das Finanzministerium ist in der Jury nicht vertreten.

DiePresse.com/steuerberater

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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