Diesel wird sauberer und teurer

GERMANY EU ENVIRONMENT
GERMANY EU ENVIRONMENTEPA
  • Drucken

"Presse" exklusiv: Die Mineralölbranche einigt sich mit der Regierung darauf, wie das gesetzliche Energieeffizienzziel umzusetzen ist. Andere Branchen tappen noch im Dunkeln.

Wien. Zu jeder zehnten Tankfüllung eine LED-Lampe? Oder doch lieber bei jedem Kunden den Reifendruck messen? Irgendwie klangen die Pläne der heimischen Tankstellenpächter zuletzt schon etwas verzweifelt. Die Branche ist, wie alle anderen Energielieferanten auch, seit 1. Jänner verpflichtet, jährlich 0,6 Prozent weniger Energie zu verkaufen. Oder besser gesagt, die Kunden dazu zu bringen, entsprechend effizienter mit der Energie umzugehen. Wie das genau passieren soll, weiß niemand, weil es die Regierung nicht geschafft hat, die dafür zuständige Monitoringstelle rechtzeitig einzurichten.

Macht aber nichts. Wie „Die Presse“ in Erfahrung gebracht hat, hat die Politik mit einzelnen Branchen offenbar dennoch bereits erste Deals geschlossen. Vorreiter ist dabei just die Mineralölindustrie, die die längste Zeit dafür gekämpft hat, komplett aus dem Energieeffizienzgesetz herausgelassen zu werden. Nun haben die Lobbyisten der Branche eine Lösung paktiert, die Beobachtern zufolge für die Mineralölhändler „sehr glimpflich“ ausfallen wird.

Diesel wird teurer werden

Die Tankstellenpächter müssen weder LED-Lampen verteilen noch Spritspartrainings anbieten, um sich die drohenden Ausgleichszahlungen in Höhe von 20 Cent pro Kilowattstunde zu ersparen. Sie dürfen in Hinkunft einfach ein wenig reineren Kraftstoff verkaufen. Konkret geht es dabei um „Reinigungs- und Reinhalteadditive für Dieselkraftstoffe“, wie aus einem internen Schreiben hervorgeht, das der „Presse“ vorliegt.

Damit würden Ablagerungen im Einspritzsystem vermindert und der Kraftstoff besser verbrannt, heißt es dort. Der Sprit würde um 2,6 Prozent effizienter gemacht werden. Oder wie es Jürgen Roth, Verhandlungsführer der Mineralölhändler, formuliert: „Mehr Kilometer für weniger Kraftstoff.“

Für die Konsumenten bedeutet das jedoch auch: Diesel wird in Hinkunft wohl etwas teurer werden. Noch kostspieliger wäre allerdings keine Lösung gewesen, so Roth. Er schätzt die Kosten für das Additiv etwa auf die Hälfte der ansonsten fälligen Ausgleichszahlungen, die sich auf hundert Millionen Euro summiert hätten. Pro Liter wäre das knapp ein Cent. Nun können die Tankstellenpächter einen Großteil der Verpflichtungen ohne großen Zusatzaufwand erfüllen.

Kontrollstelle fehlt

Genau das ruft allerdings auch Kritiker der Lösung auf den Plan. Der Verkehrssektor ist einer der größten Emittenten von Treibhausgasen in Österreich. Dass gerade diese Branche nun mit so geringen Anstrengungen aus der Pflicht genommen werde, sei nicht in Ordnung. Zudem wolle man sich genau ansehen, welche Inhaltsstoffe im Additiv enthalten sind.

Die Mineralölhändler wird das kaum stören. Sie haben das, was alle anderen Energieunternehmen in Österreich noch vermissen: Die Sicherheit, wie sie das umstrittene Energieeffizienzgesetz bis ins Jahr 2020 erfüllen können. Zumindest relative Sicherheit. Sowohl das Wirtschafts-, das Umwelt- als auch das Sozialministerium haben die Lösung mit den Tankstellenpächtern zwar bereits abgenickt. Doch laut Gesetz ist immer noch die (bis dato inexistente) Monitoringstelle für die Genehmigung der zulässigen Effizienzmaßnahmen zuständig. Da dieser gesetzlich bestimmte Schiedsrichter noch fehlt, preschen vor allem Großunternehmen im Land zunehmend mit eigenen Lösungen vor.

So will der Stromkonzern Verbund etwa Ende der Woche „im Sinn des Energieeffizienzgesetz anrechenbare Lösungen“ präsentieren. Ob sie von der künftigen Monitoringstelle auch tatsächlich angerechnet werden, ist allerdings nicht fix. Auch die Mineralölbranche hat offiziell keine bindende Lösung bei der Hand. Hinter den Kulissen ist jedoch klar: Sobald die Monitoringstelle endlich installiert ist, wird der Wirtschaftsminister per Verordnung die notwendige gesetzliche Basis für den Deal schaffen. Davon können andere Branchen derzeit nur träumen.

Auf einen Blick

Ein Gesetz verpflichtet alle Energielieferanten ab heuer, jährlich 0,6 Prozent weniger Energie zu verkaufen oder den Umgang mit Energie effizienter zu machen. Die geplante Monitoringstelle gibt es aber noch nicht. Die Mineralölbranche hat nun mit der Regierung einen Deal für die Umsetzung geschlossen: Der Diesel soll künftig Additive enthalten, mit denen Ablagerungen verhindert und der Kraftstoff besser verbrannt wird. Damit dürfte Diesel aber teurer werden.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.