Hypo: Die lang geplante Fastpleite

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Der Bund verhandelt nun mit den Anleihegläubigern über einen Schuldenschnitt bei der Hypo-Bad-Bank. Ein Gläubiger hält zehn bis 35 Prozent für „nicht komplett unrealistisch“.

Wien. So schweigsam war man im Finanzministerium und bei der Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta selten. Ob, wollte die „Presse“ am vergangenen Freitag wissen, eine Hypo-Anleihe in Höhe von 450Millionen Euro, die Ende dieser Woche fällig ist, bedient werde? Man drückte sich bei beiden Stellen vor einer Antwort, dabei war intern schon lang klar: Beide Anleihen werden nicht bedient, stattdessen schickt man die Heta in eine geordnete Insolvenz.

Dass am Montag viele Medien von einem „Paukenschlag“ geschrieben haben, hat damit zu tun, dass man der Republik bzw. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) den Schritt nicht wirklich zugetraut hat. Geplant aber war er schon lang.

Bereits unter Kurzzeitfinanzminister Michael Spindelegger hat man sich im Ressort mit der Frage beschäftigt, wie man die Anleihengläubiger für die enormen Verluste der Bank mitzahlen lassen kann. Spindelegger hat intern auf eine Insolvenz gedrängt, mit allen unklaren Konsequenzen: Denn dann wäre auch das Land Kärnten wegen seiner Milliardenhaftungen für die Bank in die Pleite geschlittert.

Dass es nicht zur Insolvenz gekommen ist, ist auf den Koalitionspartner SPÖ zurückzuführen. Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann hat sich heftig gegen die Pleite gewehrt, Spindelegger hat man angeblich im März 2014 bei einem privaten Abendessen bei Bundespräsident Heinz Fischer davon überzeugt, seine Pläne fallen zu lassen.

Immerhin holte sich der Finanzminister Geld von einem Teil der Gläubiger. Im Juli 2014 verabschiedete das Parlament ein Hypo-Sondergesetz, mit dem die Inhaber nachrangiger Anleihen um ihr Geld umfielen: in diesem Fall um 900 Millionen Euro.

Auch ein Beitrag, um den Steuerzahler zu schonen. Aber um wirklich große Beträge ging es bei den vorrangigen Anleihengläubigern. Mit Stand Freitag belaufen sich die ausstehenden Anleiheschulden und Schuldscheindarlehen der Heta auf 9,8Milliarden Euro (dazu kommen noch Pfandbriefe und andere Schulden). Hier war aber nichts zu holen, weil es rechtlich keine Möglichkeit gab, die Gläubiger einzubinden.

Die Lösung kam mit einer EU-Richtlinie, die den Mitgliedern bis 2016 Gesetze zur Bankenabwicklung vorschrieb. Österreich erwies sich als Musterschüler und setzte das BSAG (Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz) bereits mit Jänner 2015 um – und drückte in letzter Sekunde eine Änderung durch, die direkt die Abwicklung auch der Heta möglich machte. Damals konnte man schon ahnen, wohin der Weg gehen würde.

In die entscheidende Phase ging die Fastpleite am Montag vergangener Woche. In einer Aufsichtsratssitzung erklärte der Vorstand der Heta, dass für den darauffolgenden Freitag erste Ergebnisse der Wirtschaftsprüfer erwartet würden und die Verluste voraussichtlich so groß seien, dass das vorhandene Eigenkapital von 1,1 Milliarden Euro nicht groß genug wäre, um sie abzudecken. Daher könnte eine Unterstützung des Bundes erforderlich werden.

Verhandlung mit Gläubigern

Freitagabend legten die Wirtschaftsprüfer die Zahlen vor. Sie kamen auf einen Wertberichtigungsbedarf in einer Bandbreite von 5,1 bis 8,7 Milliarden Euro – nach Abzug des Eigenkapitals also auf eine Überschuldung von bis zu 7,6 Milliarden Euro. Nun wurde der Ball wieder dem Finanzministerium zugespielt. Am Sonntag um 12.24 Uhr entschied das Ressort, keine neuen Mittel zur Verfügung zu stellen. Das war der Grund für die Finanzmarktaufsicht, die Abwicklung der Heta anzuordnen.

Bis Mai 2016 werden nun alle Zahlungen ausgesetzt. Das gibt dem Bund die Möglichkeit, eine einvernehmliche Lösung über einen Schuldenschnitt zu finden. Denn sonst drohen Dutzende Klagen der Anleihegläubiger. Wie ein Schnitt aussehen könnte, deutete ein Anleihegläubiger gestern im Gespräch mit der „Presse“ an: „Zehn bis 35 Prozent sind sicherlich etwas, was nicht komplett unrealistisch ist.“ Die Regierung peilt dagegen laut „Standard“ 50 Prozent an.

Offen bleibt bei alldem, warum sich in der Bilanz der Heta plötzlich ein Milliardenloch auftun kann, von dem bei der Halbjahresbilanz Ende August noch niemand gewusst hat. FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller zeigte sich am Montag im ORF-Radio „sehr überrascht über diese Dimension“. Man wolle nun prüfen, was konkret geschehen sei. Laut Kumpfmüller habe sich jedenfalls die Situation in den Balkanländern weiter verschlechtert. Beobachtern drängt sich jedoch die Vermutung auf, dass die Bilanz der Hypo lang bewusst schöner gehalten wurde, als sie wirklich war. Erst jetzt, nach Einführung der Bad Bank, sei die volle Wahrheit offenbar geworden.

AUF EINEN BLICK

Der drohende Zahlungsausfall hat die Heta reif für die Anwendung des neuen Bankenabwicklungsgesetzes gemacht. Die Finanzmarktaufsicht kann nun Gläubiger zur Kassa bitten: Kernthema ist ein Schuldenschnitt. Bis Mai 2016 setzt man nun alle Zahlungen aus. Bei einem Konkurs wären die Landeshaftungen Kärntens schlagend geworden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2015)

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