Gut für Steuerzahler, schlecht für Kapitalmarkt

The logo of nationalised lender Hypo Alpe Adria is pictured atop the bank's headquarters in Klagenfurt
The logo of nationalised lender Hypo Alpe Adria is pictured atop the bank's headquarters in KlagenfurtREUTERS
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Der Finanzminister hat entschieden, kein Geld mehr in die Hypo-Bad-Bank zu stecken. Für die Steuerzahler ist das eine gute Nachricht. Anders sieht die Situation für die Gläubiger und den Ruf von Österreichs Kapitalmarkt aus.

Wien. Es war eine Entscheidung, die sich bereits seit Längerem angebahnt hatte: Am Sonntag entschied Finanzminister Hans Jörg Schelling, kein weiteres Geld mehr in die Bad Bank der Hypo Alpe Adria (Heta) zu stecken. Kurz zuvor zeigten erste Zahlen der vertiefenden Prüfung der Wirtschaftsprüfer, dass sich bei dem Institut eine neue Milliardenlücke aufgetan hatte. In der Folge übernahm die Finanzmarktaufsicht (FMA) die Kontrolle bei der Heta und verfügte als erste Entscheidung einmal ein Schuldenmoratorium bis Ende Mai 2016.

Mit diesem Schritt änderte Schelling die bisherige Politik der Republik im Zusammenhang mit dem Hypo-Desaster drastisch. Doch wie ist nun die weitere Vorgangsweise, und welche Auswirkungen hat das Ganze auf Steuerzahler, Gläubiger oder den heimischen Kapitalmarkt? „Die Presse“ gibt die Antworten:

1 Warum übernimmt die FMA nun die Kontrolle bei der Hypo-Bad-Bank Heta?

Letztlich ausschlaggebender Grund war die Lücke von bis zu 7,6 Milliarden Euro, die von der Wirtschaftsprüfungskanzlei PricewaterhouseCoopers (PwC) bei ihrer vertieften Prüfung der Heta-Aktiva („Asset Quality Review“) am vergangenen Freitag entdeckt worden war. Das Finanzministerium war nun verpflichtet, unverzüglich – laut FMA-Bescheid eine „Frage von Stunden“ – bekannt zu geben, ob es diese Lücke füllen werde. Am Sonntag erklärte das Finanzministerium, dass es kein weiteres Geld mehr geben wolle. Darauf reagierte nun die FMA und löste den Prozess laut dem erst im Jänner eingeführten Bankenabwicklungsgesetz aus. Die schnelle Entscheidung war auch deshalb notwendig, weil bereits gestern, Montag, ein Darlehen über 25 Millionen Euro durch die Heta zu bezahlen gewesen wäre. Hätte die Hypo-Bad-Bank das getan, wäre es zu einer verbotenen Gläubigerbevorzugung gekommen.

2 Woher kommt plötzlich diese Milliardenlücke in der Bilanz der Heta?

Das ist eine Frage, die auch am Montag noch für Ratlosigkeit sorgte. Laut FMA hängt dies vor allem mit dem Prozess des „Asset Quality Review“ zusammen. Bei diesem würden sämtliche Aktiva der Bank einzeln und in die Tiefe gehend überprüft. Das sei wesentlich genauer als die herkömmliche Bilanzerstellung, bei der der Wertberichtigungsbedarf anhand einer Stichprobe hochgerechnet wird. Dennoch ist es schwer nachvollziehbar, dass angesichts des Ausmaßes der notwendigen Wertberichtigungen von bis zu 8,7 Milliarden Euro (nach Abzug von 1,1 Milliarden Euro Eigenkapital ergibt sich die Kapitallücke) die letzten Bilanzen der Heta ein getreues Bild der Wirklichkeit widergespiegelt haben.

3 Warum wird die Heta nun nicht gleich in Konkurs geschickt?

Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Erstens würden bei einem Konkurs sofort alle Haftungen schlagend werden. Und das Land Kärnten haftet immer noch für knapp zehn Milliarden an ausstehenden Hypo-Anleihen. Zweitens würde ein Konkurs auch alle operativen Aktivitäten der Heta unterbrechen. Dazu gehört auch der Verkauf des Südosteuropanetzwerks an ein Konsortium aus dem US-Fonds Advent und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Ende Dezember 2014 beschlossen wurde. Die Verträge für diesen Verkauf sind bereits unterschrieben. Der Abschluss des Verfahrens (Closing) ist aber noch nicht erfolgt. Zudem verschafft das im Rahmen der jetzigen Abwicklung verhängte Schuldenmoratorium der Heta und dem Finanzministerium auch Zeit, in Verhandlungen mit den Gläubigern eine Kompromisslösung für einen Schuldenschnitt zu finden.

4 Wie sieht nun das weitere Vorgehen der FMA bei der Abwicklung der Heta aus?

Zuerst einmal sollen die vorhandenen Aktiva auf Basis der Daten der Wirtschaftsprüfer noch einmal genau angesehen werden. Dann soll für diese Aktiva eruiert werden, wie sie am sinnvollsten verwertet werden können. Daraus entsteht dann ein Abwicklungsplan, in dem auch eine Gläubigerbeteiligung enthalten sein wird, wie sie das Gesetz vorsieht. Das hat FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller am Montag bereits klargestellt. „Es ist klar, dass die Gläubiger die bei der Neubewertung der Assets entstehende Lücke werden füllen müssen“, so Kumpfmüller im ORF-Radio.

5 Was bedeutet das Ganze für die österreichischen Steuerzahler?

Für die Steuerzahler ist die neue Strategie des Finanzministeriums eigentlich eine gute Nachricht. Denn durch die Beteiligung der Gläubiger an den Kosten der Heta-Abwicklung werden die Kosten für den Staat geringer. Laut Schelling steht nur eine Anleihe mit Bundesgarantie in Höhe von einer Milliarde Euro außer Frage. Bei den Anleihen mit einer Landesgarantie von Kärnten sieht er keine Verpflichtung des Bundes. „Die Republik haftet nicht für Kärnten“, so Schelling. Schlussendlich kann es aber trotzdem zu zusätzlichen Kosten für die Steuerzahler kommen. Dann nämlich, wenn Gläubiger erfolgreich die Landesgarantie Kärntens vor Gericht einklagen. Entsprechende Klagen sind bei dem im Vorjahr erfolgten Schuldenschnitt von nachrangigen Anleihen bereits eingegangen. Außerdem sind auch die anderen acht Bundesländer von Haftungen betroffen. 1,2 Milliarden Euro schuldet die Heta nämlich über die Pfandbriefstelle der heimischen Hypothekenbanken. Für diese Gelder gibt es solidarische Haftungen der anderen Hypothekenbanken (die zum Teil Raiffeisen gehören) und der jeweiligen Bundesländer.

6 Was bedeutet das Ganze für die Gläubiger der Hypo-Bad-Bank Heta?

Sie müssen mit einem Schuldenschnitt rechnen und haben mehrere rechtliche Möglichkeiten, gegen die Lösung vorzugehen. Die erste Frage sei, ob man das Bankenabwicklungsgesetz auf eine Nichtbank (die Heta hat keine Banklizenz) überhaupt anwenden kann, wie ein Anleihegläubiger zur „Presse“ sagte. Die andere Frage: Wurden Gläubiger bevorzugt, als man etwa die Italien-Sparte von der Hypo abspaltete? Eine weitere Frage, mit der man sich laut Auskunft des Gläubigers beschäftigt: Kam es durch ehemalige Finanzminister (Josef Pröll, Maria Fekter), die die Probleme bei der Hypo gekannt hätten, zu einer Insolvenzverschleppung?

7 Wer sind eigentlich die Gläubiger, und ist eine gütliche Einigung mit ihnen denkbar?

Die meisten Anleihen werden von Versicherungen und Pensionsfonds gehalten. Ein Großteil davon stammt aus dem Ausland, aber auch inländische Unternehmen sind betroffen – etwa die Uniqa oder die Vienna Insurance Group (Wiener Städtische). Derzeit sei man noch dabei, das weitere Vorgehen zu prüfen, heißt es bei den Versicherungen. Da Schelling nun jedoch eine deutlich härtere Vorgehensweise als seine Vorgänger wählt, müssten die Gläubiger langfristige Prozesse in Kauf nehmen. Ein Verzicht auf zehn bis 35 Prozent sei daher „sicher etwas, was nicht komplett unrealistisch ist“, so ein Vertreter eines betroffenen Gläubiges. Man sei auf jeden Fall an Verhandlungen und an einer Lösung mit Österreich interessiert, weil beide Seiten „gute Argumente“ hätten und man sich den Rechtsstreit ersparen wolle.

(c) Die Presse

8 Welche Auswirkungen haben die Ereignisse auf den österreichischen Kapitalmarkt?

Für den Kapitalstandort Österreich wird dieser Schritt ein schwerer Schlag sein, meint ein Mitarbeiter einer großen Investmentbank. Niemand werde in Zukunft auch nur einen Cent mehr bezahlen, wenn eine Anleihe in Österreich durch eine Landeshaftung garantiert ist. „Eine Landeshaftung ist nach dieser Entscheidung in Österreich nichts mehr wert“, erklärte der Banker. Auch in den Führungsetagen der heimischen Banken sind einige über die Entscheidung des Finanzministers alles andere als glücklich. Dies würde nicht nur den Ruf Österreichs verschlechtern, es könnte auch negative Auswirkungen auf Ratings haben.

9 Welche Risken für die Republik gibt es abseits der Heta-Abwicklung noch?

Mit dem ehemaligen Hypo-Eigentümer BayernLB befindet sich die Republik in einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten. So klagen die Bayern Österreich auf die Zahlung eines 2,4-Milliarden-Euro-Kredits, der laut Republik als nicht rückzahlbares Eigenkapital zu werten sei. Österreich klagt wiederum Bayern auf 3,4 Milliarden Euro, weil man bei der Notverstaatlichung im Jahr 2009 getäuscht worden sei. Zusätzlich zu diesen Risken hat die Republik noch Haftungen für das an Advent verkaufte Südosteuropanetzwerk der Hypo im Ausmaß von knapp zwei Milliarden Euro gegeben. Sollten dort Kredite ausfallen, muss Österreich geradestehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2015)

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