Wifo: „Es gibt keine Kreditklemme“

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Institut sieht Nachfrage nach und Angebot an Darlehen weiterhin robust. Das Kreditwachstum im Jänner und Februar 2009 war relativ hoch.

wien(ker). Die Kreditvergabe an österreichische Unternehmen ist trotz Finanzkrise nicht abgerissen, zeigt der Kreditmonitor der Österreichischen Nationalbank (OeNB). Demnach wuchs das Kreditvolumen für österreichische Firmen im zweiten Halbjahr 2008 um acht Prozent. Auch im Jänner und Februar dieses Jahres war das Kreditwachstum im Vergleich zum Vorjahr mit 7,7 bzw. 6,3 Prozent relativ hoch.

Für Wifo-Experten Franz Hahn wird zu Unrecht von einer Zwangslage bei den Darlehen gesprochen: „Es gibt in Österreich keine Anzeichen für eine Kreditklemme.“ Hahn verweist dabei auf das Ergebnis einer Umfrage, auf die knapp 650 Unternehmen (aus Industrie, Bau und Tourismus) geantwortet haben. Demnach hätten die Banken die qualitativen Anforderungen bei der Kreditvergabe verschärft. Das heißt, sie verlangen mehr Sicherheiten und Informationspflichten.



„Die Nachfrage nach und das Angebot von Krediten ist robust. Es gibt keine Anzeichen

für eine Kreditklemme.“

Franz Hahn, Wirtschaftsforschungsinstitut

Davon betroffen sind laut Umfrageergebnisse vor allem größere Unternehmen. „Dieses Vorgehen der Institute sollte uns aber nicht überraschen. Das ist in einer Rezession völlig normal und nicht verwerflich“, so Hahn.

Auf die Kreditvolumina und Kreditrahmen hätten diese Verschärfungen aber keine Auswirkungen. Hahn: „Die Nachfrage nach Krediten und das Angebot ist weiterhin robust. Das zeigen auch die Statistiken der Nationalbank. Dass Funktionäre von Unternehmensverbänden die Sache anders sehen, ist mir klar. Da geht es aber hauptsächlich um die Interessen ihrer Mitglieder.“ Diese Interessen haben sich in der Vorwoche bei der österreichischen Bundesregierung durchgesetzt. Der Staat wird Kredithaftungen in der Höhe von zehn Milliarden Euro übernehmen, da die Kreditvergabe an die Unternehmen nur sehr zäh laufe, wie Finanzminister Josef Pröll betonte. Für Hahn kann diese Maßnahme „durchaus sinnvoll sein. Die großen Unternehmen haben dadurch eine zusätzliche Sicherheit.“

„Statistik sagt nichts aus“

Aus dem aktuellen Kreditmonitor will die OeNB keine schnellen Schlüsse über eine mögliche Kreditklemme ziehen. OeNB-Sprecher Oliver Huber: „Eine robuste Kreditnachfrage ist ein Phänomen in Abschwungphasen. Die Unternehmen finanzieren sich nicht über den Kapitalmarkt, sondern über Bankkredite.“ Die Banken seien daher als Ersatz für den ausgefallenen Kapitalmarkt eingesprungen. „Es ist aber zu erkennen, dass die Banken prozyklisch vorgehen, indem sie im wirtschaftlichen Abschwung höhere Anforderungen bei der Kreditvergabe stellen.“

Für andere Experten sagen die Kreditstatistiken der Nationalbank nicht viel aus. „Die Kreditvolumina sagen nichts darüber, ob tatsächlich neue Kredite vergeben wurden“, meint ein Finanzexperte zur „Presse“. „Durch das Umschichten von Fremd- in Eurokredite kann man das Kreditvolumen erhöhen. Außerdem ist es völlig normal, dass bestehende Kredite innerhalb der Bank umgeschichtet werden. Das jeweilige Darlehen bekommt in diesem Fall eine neue Kreditnummer und wird dann als neuer Kredit ausgewiesen. Die Statistik wird dadurch geschönt. Damit will man darüber hinwegtäuschen, dass es eine Kreditklemme gibt“, sagt der Finanzexperte zur „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2009)

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