Nach 31 Jahren fällt die Milchquote, die eingeführt wurde, um den Markt vor Überproduktion zu bewahren. Bauernvertreter sehen das positiv.
Wien. Am Dienstag kommender Woche fällt ein aus betriebswirtschaftlicher Sicht fragwürdiges Instrument der europäischen Agrarindustrie: die Milchquote, die 1984 eingeführt wurde, um den Markt vor Überproduktion zu bewahren.
Bisher durften die einzelnen Betriebe nur eine bestimmte Milchmenge produzieren. Mit diesen Quoten wird auch gehandelt. Daher gibt es die auch die sogenanneten Sofamelker: Das sind Bauern, die mit dem Verkauf oder der Verpachtung ihrer Quote Geld verdienen. Gehandelt werden diese auf einer eigenen Börse. Landwirte, die die Produktion steigern möchten, müssen auch die Quote aufstocken, denn für jeden Liter, der zu viel produziert wird, ist eine Strafe fällig.
Mit dem System wollte man ähnlich wie bei der Ölförderung den Preis stabilisieren. Das hat aber nicht wirklich funktioniert. Zum einem, weil die Vorgaben bereits über dem tatsächlichen Verbrauch lagen, zum anderen, weil sich viele Länder nicht daran hielten. Österreich hat die Quote im vergangenen Jahr massiv überzogen. Zum Aus droht eine Rekordstrafe von 40 Mio. Euro.
Kein Anreiz für Effizienz
Außerdem führt die Quote zu hohen Produktionskosten, da die Bauern keinen Anreiz haben, effizienter zu produzieren. Österreich hat die zweithöchsten Kosten in Europa. Grund sind aber auch die kleinen Bergbauernbetriebe. Deren Aussterben ist wegen des Wegfalls der Milchquote laut Bauernbund nicht zu befürchten. Diese Gebiete sollen mit der Förderung „Ländlicher Raum“ abgefangen werden.
Hintergrund vom Ende der Milchquoten sind die positiven Aussichten auf dem Weltmarkt. Asien lechzt förmlich nach Milch, und auch die USA sollen als neuer Markt erschlossen werden. Daher geben sich die europäischen Bauernvertreter eher entspannt. Udo Folgart, der Vizepräsident des deutschen Bauernverbandes, bezeichnet die Quote als „Relikt einer Agrarpolitik der Vergangenheit“. Die Bauern könnten ihre Betriebe modernisieren und hätten nun die Möglichkeit, die Fixkosten zu senken.
Für Österreich gibt es kaum noch Wachstumsmöglichkeiten. Laut Agrarmarkt Austria (AMA) ist Skandinavien ein neuer Markt, vor allem für Bioprodukte. Im arabischen Raum sei der Schmelzkäse beliebt. Schwierig sei es laut AMA, ein Frischeprodukt in Überseegebiete zu exportieren. Daher möchte man den heimischen Markt sichern, der laut Bauernbund ohnehin vom „Konsumpatriotismus“ geprägt ist.
Der Konsument wird im Moment wenig spüren. Eher steigen die Preise, da die Bauern zuletzt die Produktion drosselten, um keine Strafe zu riskieren. (age/mlm)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)