Wohnen: Vorläufiges Ende der Preisexplosion

(c) Clemens Fabry
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Im Vergleich mit den Vorjahren stiegen die Preise für Wohnraum in Österreich 2014 nur langsam. Die Dynamik im Schlussquartal aber macht hellhörig. Unterschiede in Europa auch.

Wien. Es ist zwar noch keine gute Nachricht. Aber im Vergleich zu früher eine fast sensationelle: Die Preissteigerungskurve bei österreichischen Wohnimmobilien flachte 2014 – ähnlich wie in Deutschland – deutlich ab. Konkret verteuerte sich Wohnraum in Österreich 2014 um 3,5 Prozent, wie aus dem gestern veröffentlichten Häuser- und Wohnungspreisindex der Statistik Austria hervorgeht. Ein Jahr zuvor war noch eine Teuerungsrate von 5,2 Prozent errechnet worden, für 2012 gar 7,3 Prozent, nachdem die Wohnungspreise 2011 um 6,2 Prozent angezogen hatten.

Als Gründe für die verlangsamte Preissteigerung nennt Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria, die aktuelle Konjunktursituation und die Entwicklung bei der Kaufkraft. Auch sei nicht auszuschließen, dass die ausländische Nachfrage nach heimischen Luxusimmobilien etwa durch die Sanktionen gegen Russland zurückgegangen sei.

Griff zum Billigsegment

In jedem Fall haben die Statistiker beobachtet, dass die Teuerung auf dem Wohnungsmarkt nachgelassen hat, obwohl auffällig mehr Käufe stattgefunden haben, was die Schlussfolgerung nahelegt, dass weniger zum Hochpreissegment und stattdessen mehr zu billigerem Wohnraum gegriffen wurde. Konkret wechselten im Vorjahr 50.700 Wohnimmobilien den Besitzer, während es in den Jahren davor immer deutlich unter 45.000 und 2013 überhaupt nur 41.100 gewesen sind. Die im Jahresvergleich um 23,4 Prozent gestiegene Kaufaktivität 2014 erklärt Pesendorfer erstens mit dem Effekt der Preisberuhigung, zweitens mit Verunsicherungen hinsichtlich anderer Anlagemöglichkeiten und drittens mit der verängstigenden Debatte über die Grunderwerbsteuer im Vorfeld der Steuerreform.

Auch wenn Pesendorfer keine Prognosen abgibt, so hält er Punkt eins (Preisberuhigung) und Punkt zwei (schleichende Enteignung durch finanzielle Repression, die durch andauernde Niedrigzinsen und Liquiditätsschwemme prolongiert wird) doch für jene Voraussetzungen, die auch heuer zu einer starken Marktdynamik inklusive Preissteigerungen führen könnten. Ins Auge springt, dass die Wohnraumpreise im vierten Quartal bereits um 4,6 Prozent zum Vorjahresquartal hochschnellten. Von einem Beginn einer abermals preissteigernden Tendenz will Pesendorfer noch nicht sprechen.

Regionale Divergenzen

Den Ton auf dem Markt geben jedenfalls nach wie vor die gebrauchten Wohnimmobilien an, die 88 Prozent aller Transaktionen ausmachen. Während sich gebrauchter Wohnraum 2014 um 3,2 Prozent verteuerte, legte neuer Wohnraum um 4,9 Prozent zu. Regional wiesen gebrauchte Wohnungen in Wien die höchste Teuerungsrate auf (+5,2 Prozent), während in anderen Städten der Preis nur um 1,4 Prozent stieg. Auf dem Land hingegen, wo man bevorzugt in Häusern wohnt, fanden 2014 im Burgenland (+6,1 Prozent) und Salzburg (+4,6 Prozent) die größten Preiszuwächse statt. Schlusslicht mit einer Negativentwicklung sind dabei das östliche Niederösterreich (–0,2 Prozent) und Kärnten (–1,0 Prozent).

Europäische Heterogenität

Bestehen schon innerhalb von Österreich deutliche Unterschiede in der Preisentwicklung, sind diese innerhalb der Europäischen Union umso größer. Auffällig hohe Teuerungen weisen die Indizes im Norden auf. So etwa in Schweden oder in allen drei baltischen Staaten mit Spitzenwerten im Reformmusterstaat Estland. In Irland und Großbritannien (+9,1 Prozent) stehe man überhaupt am Beginn eines Immobilienbooms, so Pesendorfer. Bei den Balten hingegen mache sich die Erholung nach tiefen Wirtschaftskrisen bemerkbar.

Österreich über EU-Schnitt

In Österreichs südöstlichen Nachbarländern hingegen, aber auch in Frankreich und Belgien, ging es auch 2014 preislich bergab, wiewohl sich in den meisten Fällen mit Ausnahme Sloweniens die Negativentwicklung gegenüber 2013 verlangsamte. Europaweit sind für 2014 bislang nur die Daten für die ersten drei Quartale vorhanden. Österreich liegt mit seiner Preisdynamik etwas über dem EU-Schnitt (+1,6 Prozent).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2015)

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