Fall Paradiso: Striedinger reicht Verfassungsbeschwerde ein

Ex-Hypo-Vorstand Günter Striedinger
Ex-Hypo-Vorstand Günter StriedingerAPA (GERT EGGENBERGER)
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Ex-Hypo-Vorstand Günter Striedinger fühlt sich gleichheitswidrig behandelt. Das Gericht lehnte die Kostenübernahme seines Privatgutachters ab.

Ex-Hypo-Vorstand Günter Striedinger, der sich derzeit im sogenannten Paradiso-Prozess gemeinsam mit sechs weiteren Angeklagten - darunter seine früheren Vorstandskollegen Wolfgang Kulterer und Gert Xander - wegen Untreue im Landesgericht Klagenfurt verantworten muss, hat eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Er fühlt sich durch eine Gesetzesbestimmung gleichheitswidrig behandelt. Kern des Paradiso-Prozesses ist ein Kredit an die Paradiso-Projektgesellschaft, die ein Sohn und ein Stiefsohn des Malers Ernst Fuchs für die Verwirklichung eines (nie zustande gekommenen) Kunstparks in Wien erhalten hatten. Allein aus diesem „Geschäft“ ist der Hypo laut Anklage ein Schaden von 7,2 Mio. Euro erwachsen.

Konkret hat Striedingers Rechtsvertreter Sebastian Lesigang beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Prüfung und allfällige Aufhebung des § 61 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) beantragt, der die Verfahrenshilfe regelt. Verfahrenshilfe steht einem Angeklagten dann zu, wenn dieser aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, die Kosten seines Verteidigers zu tragen. Striedinger, der sich offenbar keinen Wahlverteidiger leisten kann, hat Verfahrenshilfe genehmigt bekommen. Die Kosten seiner Rechtsvertretung trägt die Republik.

Striedingers Ansinnen, ihm möge zusätzlich zu seinem Verfahrenshelfer ein Privatgutachter beigegeben werden, damit er mit diesem die Expertise des vom Gericht bestellten Sachverständigen zum Kreditfall Paradiso - für den Kunstpark hatte die Hypo ein Darlehen von 7,5 Mio. Euro bewilligt - und weiteren inkriminierten Vorgängen erörtern kann, wurde vom Gericht allerdings abgewiesen. Begründung: Für die beantragte Kostenübernahme eines Privatgutachters gibt es keine gesetzliche Grundlage.

Keine Ressourcen für einen Privatgutachter

Der vom Gericht bestellte Sachverständige war allerdings schon im Ermittlungsverfahren für die Staatsanwaltschaft gutachterlich tätig gewesen - eine in der Strafgerichtsbarkeit vielgeübte Praxis, die wegen verfassungsrechtlicher Bedenken Gegenstand eines anhängigen Gesetzesprüfungsverfahren vor dem VfGH ist. Wegen dieser "Doppeltätigkeit" des Sachverständigen wäre es nach Ansicht von Verteidiger Lesigang im Sinne eines fairen Verfahrens zwingend notwendig, dass Striedinger vor der für 10. April geplanten Erörterung des gerichtlich eingeholten Gutachtens im Rahmen der Hauptverhandlung Gelegenheit erhält, dessen Feststellungen mit einem unabhängigen Sachverständigen aus dem Bank- und Kreditwesen zu erörtern.

Striedinger ist mangels Vermögen und finanzieller Ressourcen nicht in der Lage, die Kosten für einen Privatgutachter aufzubringen. Dass die StPO in diesem Fall keine Grundlage für eine Kostenübernahme vorsieht, stellt nach Ansicht von Striedingers Rechtsbeistands eine Beschneidung der Verteidigerrechte und eine damit einhergehende sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung gegenüber Angeklagten dar, die sich Privatgutachter leisten können. Für Lesigang ist mit dieser Ungleichbehandlung ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gegeben.

(APA)

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