Analyse: Fifty Shades of Heta Asset Resolution

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Wie die Hypo-Abbaugesellschaft Heta per masochistischer Selbstfesselung ins 7,6-Milliarden-Kapitalloch plumpste, und warum Finanzminister Hans Jörg Schelling gar nichts übrig blieb, als daraufhin zur Moratoriumspeitsche zu greifen.

Die Vorgeschichte ist bekannt: Am 1. März teilt das Finanzministerium mit, dass das durch Abwertungen verursachte Kapitalloch bei der Hypo-Abbaugesellschaft Heta Asset Resolution nicht, wie erwartet und budgetiert, vier, sondern (nach Abzug des vorhandenen Eigenkapitals) 7,6 Mrd. Euro beträgt. Große Aufregung, Finanzminister Hans Jörg Schelling zieht die Notbremse und verhängt ein Zahlungsmoratorium. Die Folge: Aufruhr bei den internationalen und nationalen Heta-Investoren, ein Rattenschwanz an Klagen.

Weniger bekannt ist, was dieses angeblich völlig unerwartete Kapitalloch hat entstehen lassen. Und dass die Heta selbst (ob beabsichtigt oder nicht, sei dahingestellt) ganz wesentlich an diesem Loch mitgegraben hat.

Hatte man bisher öffentlich darüber gerätselt, ob Franken-Kurs, Wirtschaftsflaute, Bilanzfälschung oder eine Kombination aus all dem den Abschreibungsbedarf hat explodieren lassen, so zeigt sich nun: Es war schlicht eine, wie Experten meinen, völlig unnötige Selbstfesselung. Um die zu beschreiben, muss man jetzt ein bisschen ausholen: Nach der Einbringung der Hypo-Reste in eine Abbaugesellschaft (Bad Bank) mussten die vorhandenen Vermögenswerte in der Heta-Bilanz neu, nämlich nach den deutlich niedrigeren „Zerschlagungswerten“, taxiert werden.

Das öffnet freilich ein weites Spektrum: Niemand weiß, wie hoch die erzielbaren Preise sein werden und ob „faule“ Kreditleichen irgendwann nicht wieder zum Leben erwachen.
Je länger der Abbauhorizont, desto größer ist naturgemäß der Bewertungsspielraum. Muss sofort notverkauft werden, dann sind die Chancen, dass vernünftige Verwertungserlöse erzielt werden, dagegen minimal, der Abwertungsbedarf also am höchsten.

Unter diesem Aspekt enthält der am 1. März erlassene FMA-Bescheid zum Zahlungsmoratorium eine Bombe: Auf Seite 15 wird ein Heta-Schreiben an die FMA zitiert, in dem es heißt: „Um dem gesetzlichen Auftrag des § 3 Abs 1 GSA zu entsprechen, sollen im derzeit laufenden Asset Quality Review die Vermögenswerte so bewertet werden, dass diese großteils in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren (. . .) liquide gemacht werden können.“ Andersherum: Die Wirtschaftsprüfer hatten den Auftrag, die schlechtestmöglichen Werte anzusetzen.

Freilich: Im zitierten § 3 des Hypo-Abbaugesetzes (GSA) findet sich beim besten Willen keine verbindliche Zeitangabe. Dort heißt es nur, eine „geordnete, aktive und bestmögliche Verwertung“ sei „so rasch wie möglich zu bewerkstelligen“. Diesen Passus im Auftrag an die Wirtschaftsprüfer mit „zwei bis drei Jahre“ zu übersetzen halten Experten für eine unnötige, und auch sehr teure Selbstfesselung. Der Passus „so rasch wie möglich“ hätte viel längere, und damit kapitalschonendere Zeiträume ermöglicht.

Was immer dahinterstand: Den Finanzminister stellte die Heta damit vor vollendete Tatsachen: Er hatte angesichts der Überschuldung nur noch die Wahl, den sofortigen Heta-Konkurs auszurufen oder ein EU-Beihilfeverfahren zu riskieren. Denn 7,6 Milliarden waren durch die noch offene (und damit „erlaubte“) Staatshilfe für die Hypo nicht mehr gedeckt. Das Moratorium war die einzige Möglichkeit, in dieser Frage Zeit zu gewinnen. Eine, die unterdessen freilich europaweit für Furore sorgt: Gestern hat die EZB alle Banken in der Eurozone aufgefordert, ihr Österreich-Engagement und ihren Heta-Abschreibungsbedarf offenzulegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2015)

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