Schelling: Kein Länderinsolvenzrecht

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REGIERUNGSKLAUSUR IN KREMS: PK SCHELLING(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Bei Gläubigern soll nicht der Eindruck entstehen, man würde sich seinen Verpflichtungen entziehen, so Finanzminister Hans Jörg Schelling. Er will Kärnten nicht aus der Pflicht entlassen.

Wien. Wie können bei der Hypo-Bad-Bank Heta die Gläubiger an den Kosten beteiligt werden, ohne dass Kärnten in die Insolvenz schlittert? Das ist die Gretchenfrage, die sich Kärnten, Finanzministerium und FMA seit der Übernahme der Kontrolle des Instituts durch die Finanzmarktaufsicht samt Schuldenmoratorium bis Mai 2016 stellen. Denn wie berichtet erklärte die FMA, dass sie einen Schuldenschnitt per Bescheid vorgeben werde, die Haftungen Kärntens im Ausmaß von zehn Mrd. Euro davon allerdings unberührt blieben.

Für Kärnten bedeutet dies, dass sich geschnittene Gläubiger die Differenz von dem Land holen könnten, was die finanziellen Möglichkeiten Kärntens aller Voraussicht nach übersteigen und zu einer unkontrollierten Insolvenz führen würde. Um das zu verhindern wurde von heimischen Rechtsexperten zuletzt die Schaffung eines Länderinsolvenzrechts gefordert. Diesen Vorschlag wies Finanzminister Hans Jörg Schelling am Freitag – zumindest vorerst – zurück. „Wir sollten bei den Gläubigern nicht den Eindruck erwecken, dass wir uns selbst aus der Haftung entlassen“, so Schelling im Klub der Wirtschaftspublizisten. Ein Länderinsolvenzrecht soll es daher frühestens ab dem Jahr 2017 geben, wenn der Großteil der Landeshaftungen ausgelaufen ist.

Bund könnte Geld leihen

Die Lösung für das aktuelle Heta-Problem müsse anders gefunden werden. Entscheidend dafür sei einmal, dass die FMA errechne, wie hoch der benötigte Schuldenschnitt sei. Ob dies bis Anfang 2016 dauern könne, wie es von der FMA zuletzt geheißen habe, wollte Schelling nicht kommentieren. „Das ist eine unabhängige Behörde.“

Doch erst wenn es ungefähre Informationen über die Höhe des Schuldenschnitts gebe, könnten die Gespräche mit Gläubigern gestartet werden. Verantwortlich sei dafür Kärnten, der Bund werde aber „mit seiner Expertise aushelfen“. Auch der eventuelle Rückkauf von Anleihen mit Landeshaftung müsse von Kärnten vorgenommen werden. Für den Bund sei das rechtlich nicht möglich, meint Schelling. Dass das für den Rückkauf notwendige Geld allerdings von der Bundesfinanzierungsagentur langfristig an Kärnten geliehen werden könne, sei eine mögliche Option. Zuvor müssten aber noch viele Fragen geklärt werden.

Auch bei einem Rückkauf gebe es die Erwartung, dass die Gläubiger auf einen Teil ihres Geldes verzichteten, lies Schelling durchblicken. „Das ist für Hedgefonds etwas ganz Normales.“ Nur bei der Heta werde jetzt so viel Lärm darum gemacht. Die Gläubiger sieht Schelling auch grundsätzlich nicht als unschuldige Opfer. „Jeder wusste seit 2009, dass die Hypo ein Problem hat.“ Und zum Ex-BayernLB-Vorstand Michael Kemmer, der in seiner Funktion als Chef des deutschen Bankenverbands zuletzt Österreich mit Argentinien verglich, meint der Finanzminister: „Kemmer ist Teil des Desasters und nicht Teil der Lösung. Die Täter fühlen sich nun plötzlich als Opfer.“

Er sei auch ein wenig über die heftige Kritik aus Deutschland am heimischen Vorgehen überrascht. Denn auf europäischer Ebene habe es Lob für Österreich gegeben, dass es die EU-Richtlinie, auf der die Heta-Abwicklung nun aufbaut, bereits in nationales Recht umgesetzt hat. EU-Finanzkommissar Jonathan Hill habe ebenfalls betont, „dass wir uns im europäischen Rechtsrahmen bewegen“.

Den Bayern habe er vor rund fünf Monaten ein Angebot für einen Generalvergleich gemacht, der abgelehnt wurde. „Wir sind so auseinandergegangen, dass nun die Bayern einen Vergleich anbieten. Seither ist nichts passiert.“ Es sei also fraglich, ob man in München den formulierten Wunsch nach einem Vergleich mit Österreich ernst meine.

Pensionen sind Problem

Abseits der Heta will Schelling nun die angekündigten Reformen – vor allem bei den Pensionen – vorantreiben. „Wir müssen offen sagen, dass wir da ein Problem haben.“ Der Bundeszuschuss liege bereits bei drei Prozent und werde auf 5,7 Prozent steigen, wenn nicht gegengesteuert werde.

Zum angekündigten Zeitpunkt, dem 29. Februar 2016, werde es daher auf jeden Fall eine Reform mit einschneidenden Maßnahmen geben. „Ich mache Politik dafür, dass auch meine Enkeltochter, die vor 14 Tagen auf die Welt gekommen ist, einmal einen ähnlichen Lebensstandard hat. Und wenn wir es nicht schaffen, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen, wird dieses Land untergehen.“ (jaz)

AUF EINEN BLICK

Finanzminister Schelling ist gegen die Einführung eines Länderinsolvenzrechts vor 2017. Dies könnte auf dem Kapitalmarkt den Eindruck erwecken, Österreich wolle sich aus der Verantwortung stehlen. Lösung für die Zehn-Milliarden-Euro-Haftungen könnte ein Rückkauf der Anleihen durch das Land mithilfe des Bundes sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2015)

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