Immofinanz-Chef: „In Wien bleibt nix geheim“

PK IMMOFINANZ: ZEHETNER / SCHUMY
PK IMMOFINANZ: ZEHETNER / SCHUMY(c) APA/HANS PUNZ
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Bei der Buwog-Privatisierung überbot die Immofinanz das 960-Mio.-Euro-Angebot der CA Immo einst nur um eine Million. Die Informationen seien aber nicht von Ex-Finanzminister Grasser gekommen, so Immofinanz-Chef Zehetner.

Die Presse: Sie befinden sich gerade in einem gegenseitigen Übernahmekampf mit der CA Immo. Geht es hier wirklich um wirtschaftliche Überlegungen oder darum, wer von beiden Konzernen der Stärkere ist?

Eduard Zehetner: Es geht darum, dass ein Zusammenrücken der beiden Firmen für die Aktionäre Sinn machen würde. Aber es kann dabei nicht der Schwanz mit dem Hund wedeln. Allein, was den Börsenwert anbelangt, sind wir rund doppelt so groß wie die CA Immo. Es darf auch nicht sein, dass man sich an ein Unternehmen heranschleicht. Und es kann schon gar nicht sein, dass man ein Unternehmen kontrollieren will, ohne dafür eine Kontrollprämie zu zahlen.

Das Angebot der CA Immo haben Sie als zu niedrig bezeichnet, weil es deutlich unter dem Substanzwert liegt. Warum ist die Aktie nach sechs Jahren mit Ihnen als Chef immer noch weniger wert als die von Ihnen gehaltenen Immobilien?

Alle Immobilienfirmen, die in Osteuropa tätig sind, notieren zum Teil erheblich unter dem Net Asset Value (Substanzwert, Anm.). Bei uns ist es stärker, weil wir 25 Prozent unseres Portfolios in Russland haben. Diese Immobilien waren bisher profitabler als alles andere und sind immer noch profitabel. Aber Russland wurde an den Märkten mit einem dramatischen Malus belegt. Das hat sich nicht geändert.

In Russland gibt es aber auch wirklich massive makroökonomische Probleme. Haben die österreichischen Firmen diese Risken unterschätzt?

Ein Bundeskanzler hat einmal gesagt: Lernen Sie Geschichte. Ich sage: Lernen Sie Wirtschaftsgeschichte und die Geschichte der Immofinanz. Ich habe kein einziges dieser Investments in Russland entschieden, ich habe in Russland Immobilien verkauft. Ich habe mich aber dagegen entschieden, alles abzuschreiben und mich wegen Nichterfüllung verklagen zu lassen. Diese Entscheidung war goldrichtig. Wir haben über die Jahre diese Investitionen ins Verdienen gebracht und geschätzt 600 bis 700 Mio. Euro Cash lukriert. Ich sage Ihnen noch was: Wir sind – inklusive Buwog-Aktien, die jeder Immofinanz-Aktionär bei der Abspaltung erhalten hat – nach Lehman auf einem All-Time-High.

Sie sagen, Sie haben Russland von Ihren Vorgängern geerbt. Die Frage war, ob alle Unternehmen – auch Raiffeisen oder die Telekom – zu blauäugig waren?

Man kann darüber diskutieren, ob man in Länder wie etwa die Ukraine gehen musste. Es war immer bekannt, dass sich dort zwei Verbrechersyndikate, eines westlich, das andere östlich orientiert, 20 Jahre lang am Staat bedient und die Bevölkerung bestohlen und beraubt haben. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Osteuropa inklusive Russland war richtig. Wir waren viel schneller und besser als die Deutschen. Nur jetzt stottert die Geschichte.

Die Situation wird sich in Russland ja nicht von heute auf morgen ändern. Steht die Immofinanz eine längere Krise durch?

Was müssen wir durchstehen? Wir haben niedrigere Mieteinnahmen, aber wir haben welche. Es gibt Schlimmeres. Die Mieteinnahmen sind auf dem Niveau, wo wir im restlichen Osteuropa sind.

Sie haben die Probleme in der Ukraine erwähnt. Läuft in Russland alles demokratisch?

Und in China? Ein Beispiel: Anruf eines Richters aus der Ukraine wegen eines Grundstücks, wo ein Verfahren drohte. Er sagte, wenn er 40.000 Dollar auf einem Konto fände, wäre die Sache erledigt. Ich habe abgelehnt. Zwei, drei Monate später kam wieder ein Anruf, jetzt koste es 200.000 Dollar. Wir sagten wieder Nein – und haben das bei der Botschaft gemeldet, sodass das dann abgestellt wurde. Zweites Beispiel: Wir hatten eine Umsatzsteuersache in Moskau. Wir haben gegen die Vorschreibung geklagt und Recht bekommen. Es wäre uns sogar möglich gewesen, die Steuerbehörde zu exekutieren. Das ist der Unterschied: Sie können in Russland was durchsetzen, auch gegen den Staat. Ich sage nicht, dass es dort keine Korruption gibt. Aber wenn sie auf dieser Welt nur in demokratischen und korruptionsfreien Staaten Wirtschaft treiben wollen, dann wird es eng.

Sie räumen trotz der spannenden Zeiten jetzt den Chefsessel. Fehlt Ihnen die Kraft, noch weiter an der Spitze zu sein?

Schön langsam ja. Kraft ist ein Thema. Nicht jetzt, aber auf Sicht. Ich werde 64, da hat man noch die Chance, etwas anderes vom Leben zu haben als Stress und beruflichen Erfolg. Ich will endlich aufhören, diszipliniert sein zu müssen.

Schwingt da Resignation mit?

Nein. Als ich zur Immofinanz gekommen bin, lag der Aktienkurs bei 25 Cent. Das Unternehmen war quasi tot. Jetzt sind wir – inklusive abgespaltener Buwog – bei rund 3,80 Euro Aktienkurs und haben 700 Mio. Euro in der Kasse.

Als Sie zur Immofinanz kamen, war auch das Image total am Boden. Wie weit wirkt das nach?

In Osteuropa werden wir sehr positiv gesehen. Die Immoeast hatte ja unbegrenzt Mittel und kaufte alles, was am Markt war. Jede rumänische G'stättn war ein Development. Anders ist es hierzulande mit den Anlegerklagen, dem Strafverfahren gegen den Ex-Immofinanz-Chef Petrikovics und die Causa Buwog, die eigentlich ein Thema Grasser, Meischberger, Hochegger ist. Viele Leute unterscheiden ja nicht, ob das die alte oder jetzige Gesellschaft betrifft.

Die Buwog ist noch heute ein Aufreger. Wie war es möglich, dass die Immofinanz genau eine Million – rund ein Promille – mehr bot und den Zuschlag erhielt?

Ich kenne nicht alle Unterlagen, ich hab' ja anderes zu tun und bin auch kein Privatdetektiv. Faktum ist, dass die Republik mehr Geld bekommen hat als sie bekommen hätte, wenn die CA Immo gesiegt hätte. Das Trauma des Herrn Ettenauer (CA-Immo-Chef, Anm.) dürfte damals begonnen haben. Ein Banker hat mir einmal erzählt, dass jeder in Wien wusste, wie viel die CA-Immo maximal bieten kann, nämlich 960 Mio. Euro. Die hatten nicht mehr zur Verfügung.

Warum hat das jeder gewusst?

Weil in Wien nix geheim bleibt. Wie hätte Grasser die Bieterkuverts aufmachen können? Unter Dampf? Das ist lächerlich, die Immofinanz wusste die Zahl aus dem ganzen Umfeld. Das war Stadtgespräch. Und es gab jemanden, der größenwahnsinnig war und die Buwog unbedingt wollte, um es der Konkurrenz zu zeigen.

Sie spielen auf Ex-Immofinanzchef Petrikovics an, der alle Vorwürfe immer zurückgewiesen hat. Warum hätte er rund zehn Mio. an Lobbyist Peter Hochegger zahlen sollen, wenn die Information ohnehin verfügbar war?

Petrikovics war Geld egal. Einen Plan hatte nur Peter Hochegger. Dazu wurde Walter Meischbergers Beziehung zu Grasser als dessen Trauzeuge benützt. Das Spiel haben sie nicht nur einmal gemacht: Mit jedem Bieter war so ein Vertrag geplant. Wer den Zuschlag bekommt, zahlt ein Prozent. Das Angebot haben sie auch der CA Immo gemacht, wie mir ein Banker der Bank Austria erzählt hat. Die brauchten nur länger für Entscheidungen, Petrikovics indes sagte sofort, das machen wir.

ZUR PERSON

Eduard Zehetner ist seit 2009 Chef der heimischen Immobilienfirma Immofinanz. Zuvor war der 1951 geborene Absolvent der Wiener Wirtschaftsuniversität langjähriger Finanzvorstand des Feuerfestkonzerns RHI. Per Mai 2015 wird Zehetner seinen Posten bei der Immofinanz abgeben und in den Ruhestand wechseln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2015)

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