Hypo Alpe Adria: U-Ausschuss mit 5500 Metern Akten

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Der Großteil der Unterlagen ist im Parlament eingelangt. Nächste Woche starten die Befragungen, ab Sommer geht es um die Notverstaatlichung.

Wien. 137 Meter ist der Südturm des Stephansdoms hoch. Findige Mitarbeiter der Parlamentsdirektion haben ausgerechnet: Würde man die Akten, die für den Hypo-Untersuchungsausschuss angeliefert wurden, aufeinanderstapeln, ergäbe das einen 5500 Meter hohen Turm – 40 Mal so hoch wie der Stephansdom.

Von den 24 Institutionen, die vom Parlament zur Aktenlieferung aufgefordert wurden, haben 19 bis Ende der Frist am Montag auch tatsächlich Unterlagen ans Parlament geschickt. Ob diese auch vollständig sind, kann derzeit schwer beurteilt werden. Mitarbeiter der Parlamentsdirektion sind derzeit dabei, die Lieferungen zu sichten. Letztlich wird aber der U-Ausschuss selbst entscheiden müssen, ob er noch zusätzliches Material haben will.

Keine Geheimdienstakten

Drei Ministerien, nämlich Familie, Landwirtschaft und Landesverteidigung, haben eine „Leermeldung“ erstattet. Sie geben an, dass sich in ihrem Aktenbestand nichts über den Untersuchungsausschuss befindet. Wobei die Abgeordneten vor allem beim Verteidigungsressort durchaus mit Unterlagen gerechnet hatten – nämlich aus den Beständen der militärischen Geheimdienste.

Bleiben zwei Kärntner Institutionen, die noch nicht geliefert haben: Die Kärntner Landesregierung hat um Aufschub gebeten. Sie will in drei Tranchen liefern, die erste davon am Freitag. Dagegen hat die Kärntner Landesholding – sie verwaltet das Vermögen des Landes und war Hypo-Eigentümerin – eine Bereitstellung ihrer Unterlagen verweigert: Dies sei durch die Gesetzeslage nicht gedeckt. Wohl aber habe man der Landesregierung die Unterlagen zur Verfügung gestellt – die also über diesen Umweg doch im Parlament landen könnten.

Das könnte aber auch der erste Anlassfall für den neuen Streitschlichtungsmechanismus für Untersuchungsausschüsse werden: Die Opposition oder auch der ganze U-Ausschuss könnte sich an den Verfassungsgerichtshof wenden, der entscheiden müsste, ob die Landesholding verpflichtet ist zu liefern.

Start am Mittwoch

Nächsten Mittwoch, am 8.April, starten die Zeugenbefragungen mit den früheren Staatskommissären in der Hypo. Der eigentlich schon fixierte Donnerstagtermin wurde wieder abgesagt – die Abgeordneten wollen sich lieber durch die Aktenberge wühlen, ehe sie weitere Zeugen anhören. In der Woche darauf finden hingegen zwei Sitzungen statt: Da sind die Hypo-Prüfer von Nationalbank und Finanzmarktaufsicht geladen.

Prinzipiell geht es in der ersten Phase des U-Ausschusses um die Zeit vor der Notverstaatlichung im Jahr 2009 – im Wesentlichen also um die Haider-Ära, als die Hypo mithilfe der Landeshaftungen ein rasantes Wachstum hinlegen konnte – und zwar auch noch nach Verkauf der Hypo an die BayernLB im Jahr 2007. Es wird die Phase sein, in der die Regierungsparteien Interesse haben werden, besonders ausgiebig zu untersuchen – geht es doch darum, die Verantwortung der Freiheitlichen an der Bankpleite zu betonen. Allerdings wird auch in dieser Phase schon das Versagen staatlicher Aufsichtsorgane ein wesentliches Thema sein.

Der provisorische Fahrplan sieht vor, dass sich der U-Ausschuss bis Juni mit diesem Themenkomplex beschäftigen wird. Im Juli oder – falls es Verzögerungen geben sollte – im September beginnt der U-Ausschuss, sein brisantestes Thema zu untersuchen: die Vorgangsweise des Finanzministeriums bei der Notverstaatlichung der Hypo im Jahr 2009. Da werden auch Politiker wie der frühere Finanzminister Josef Pröll (ÖVP), SPÖ-Klubchef Andreas Schieder – damals Finanzstaatssekretär – oder Bundeskanzler Werner Faymann vor dem U-Ausschuss aussagen müssen.

Noch keine Ladungsliste

Eine genaue Ladungsliste gibt es – mit Ausnahme der ersten drei Termine im April – aber noch nicht. Die Opposition, die das Recht hat, die Zeugen zu laden, will erst die Akten eingehender studieren, ehe sie sich da festlegt. Und das ist, angesichts der jetzt angelieferten Aktenberge, kein einfaches Unterfangen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2015)

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