Handel: Der Hype um Ostern und die harte Wirklichkeit

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Umfragen zitieren zu Ostern alljährlich einen wahren Kaufrausch herbei. Im Vergleich zu Weihnachten ist Ostern aber relativ unbedeutend, und die Umsätze stagnieren seit Jahren.

Wien. Was war zuerst da? Die Henne oder das Ei? Das könnte man sich angesichts der demonstrativen Ostereuphorie des Handels fragen. Denn jedes Jahr aufs Neue wollen Umfragen von Shoppingcenterbetreibern, Interessenvertretungen und anderen Handelsakteuren belegen, dass die Österreicher dem Osterfest immer mehr Bedeutung zumessen – oder es zumindest zum Anlass nehmen, vermehrt zu konsumieren. Der Verdacht liegt nahe, dass der Handel an sich selbst erfüllende Prophezeiungen glaubt und hofft, dass die heraufbeschworene Kauflaune die Konsumenten zum Einkaufen anstachelt.

Tatsache ist, dass Ostern zwar nach Weihnachten das zweitwichtigste Fest für den Handel ist, aber: „Wenn man sich die Umsatzkurve übers Jahr anschaut, dann gibt es zu Weihnachten einen klaren Ausschlag nach oben, im März und April aber nur einen kleinen Hügel“, sagt Hanna Bomba-Wilhelmi, Marktforscherin bei Regioplan. Und setzt nach: „Wir beobachten, dass das Ostergeschäft über die Jahre konstant an Bedeutung verliert. Es ist nicht mehr so, dass man sich wie früher Geschenke vom Mund absparen musste und deshalb mit dem Schenken auf die großen Feiertage wartet.“

Die Händler hingegen wollen sich ihr Konsumereignis nicht schlechtreden lassen. „Es wird definitiv mehr gekauft als sonst, schon allein deshalb, weil die Leute um Ostern herum mehr Zeit zum Einkaufen haben“, sagt Anton Cech, Center-Manager der Shopping City Süd (SCS). „In dieser Woche ist die Besucherfrequenz bei uns im Vergleich zur Vorwoche um 20 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir ein Plus von sechs Prozent.“

Letzteres dürfte allerdings vor allem daran liegen, dass Ostern dieses Jahr früher stattfindet als vergangenes Jahr. Deshalb lässt sich das Ostergeschäft statistisch auch so schwer abbilden. „Eine Abgrenzung der Umsätze ist schwierig, da Ostern jedes Jahr anders fällt, die Umsätze stark vom Wetter abhängen und die Branchen unterschiedlich von den Feiertagen profitieren“, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

203 Millionen gegen 1,5 Milliarden Euro

Die Wirtschaftskammer wagt eine Bezifferung des jährlichen Umsatzes auf Basis einer Hochrechnung aus dem Wiener Handelsumsatz und kommt für 2014 auf einen Gesamtumsatz von 203 Mio. Euro. Zum Vergleich: Zu Weihnachten betrug der Umsatz 1,53 Milliarden Euro. Laut diesen Hochrechnungen stagniert der Osterumsatz seit dem Jahr 2007. Erhoben wird erst seit 2005.

Welche Branche zu Ostern mit Umsatzzuwächsen rechnen kann, ist so variabel wie das Aprilwetter. Je schlechter das Wetter, desto weniger werden Freizeit- und Sportartikel gekauft – dafür dürften sich heuer die Schokoladehersteller besonders freuen: Bei kaltem Wetter steigt der Schokoladeabsatz.

Auch, ob Ostern, wie heuer, auf den Monatsanfang oder auf das Monatsende fällt, spielt laut Günther Meier, Center Manager des Kaufhauses Gerngroß, eine Rolle: „Zu Monatsbeginn sind die Leute spendabler, weil sie noch mehr Geld auf dem Konto haben. Teilweise seien die Kauflaunen der Konsumenten auch unergründlich: „Am Mittwoch, als es draußen gestürmt und geregnet hat, wurden bei Gerngroß besonders viele Gartenstühle und Gartendeko verkauft. Warum, kann ich Ihnen auch nicht erklären“, sagt Meier. Er erwartet sich, dass die Osterumsätze auf Vorjahresniveau bleiben werden, „eventuell auch ein leichtes Plus“.

Der Onlinehandel, der beim Weihnachtsgeschäft immer gegenüber dem stationären Handel als klarer Gewinner hervorgeht, zeigt sich zu Ostern vorsichtiger. „Die Karwoche ist für den Onlinehandel normalerweise eine schlechte Woche, weil die Leute anderes zu tun haben, als online zu shoppen“, sagt etwa Harald Gutschi, Chef der Unito-Gruppe (Quelle, Universal, Otto).

Auch bei der Flohmarkt-App Shpock hat man sich auf eine eher schwache Osterperformance eingestellt: „Das ist keine Zeit, zu der die Menschen viel mit dem Smartphone hantieren“, sagt Pressesprecher Fabio Tiani. „Der Onlinehandel scheint weniger stark vom Ostergeschäft zu profitieren als vom Weihnachtsgeschäft“, sagt Will.

Es bleibt Kristallkugellesen

Ganz so schlimm ist es aber doch nicht. Bei Unito sei der März mit sechs Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorjahr ein umsatzstarker Monat gewesen, sagt Gutschi.

Auch die Befürchtungen von Shpock haben sich nicht bewahrheitet: „Diese Woche haben wir im Vergleich zur Vorwoche um fünf Prozent zugelegt“, sagt Tiani. Nur: Der Jahresumsatz dieser Onlinehändler wächst ohnehin, da ist schwer zu sagen, ob die Osterkauflaune für die Zuwächse im März herhalten kann oder das zunehmende Interesse am Onlinehandel an sich. Gutschi hat seine eigene These zum Ostergeschäft: „Vor zehn bis 15 Jahren hat es einen Knick gegeben. Dafür gewinnt Ostern in den vergangenen Jahren wieder an Bedeutung.“

Die unterschiedlichen Thesen und Erfahrungswerte zeigen: Das Ostergeschäft ist großteils Kristallkugellesen. Und wird es wohl auch bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2015)

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