Pröll: „Es wird noch schlimmer“

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Die Krise beginnt erst zu blühen, Steuereinnahmen brechen weg, Defizitverfahren droht. Vizekanzler Pröll wehrt sich gegen Aussagen, Österreich drohe wie Island die „Pleite“.

Wien (ju). „Falsch, standortschädlich, da führt jemand einen Wirtschaftskrieg gegen Österreich“: Wenn die Rede auf den amerikanischen Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman kommt, verliert Österreichs Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll neuerdings leicht die Fassung.

Krugman hatte, wie berichtet, in dieser Woche Österreich wegen des hohen Osteuropa-Engagements der hiesigen Banken als „Pleitekandidaten“ eingestuft und auf eine Stufe mit Irland und Island gestellt. Und das sei, so Pröll am Mittwoch im Wiener Klub der Wirtschaftspublizisten, Teil eines „Wirtschaftskriegs“, der gegen Österreich geführt werde. Und zwar von jenen, „die den Osteuropaboom verschlafen haben und jetzt darauf warten, dass jemand den Markt verlässt, um dann die Lücke auszufüllen“.

Aber auch wenn Krugman falsch liegt: Ausgestanden ist die Krise noch nicht. Weder in Osteuropa noch in Österreich. Im Gegenteil: In den nächsten Monaten dürfte es noch deutlich nach unten gehen.

Probleme in Osteuropa

In Osteuropa etwa, wo die heimischen Banken (einschließlich der „ausländischen“ Institute Bank Austria und Hypo Alpe Adria) mit 300 Milliarden Euro aushaftender Kredite engagiert sind, ist laut Pröll zwar „keine Rede“ von einem Totalausfall, der die Zahlungsfähigkeit der Republik gefährden könnte. Aber mit zehn Prozent Kreditausfällen sei „realistisch“ schon zu rechnen, meint Pröll. Das wären 20 bis 30 Milliarden Euro. Aber auch in Österreich kommt das dicke Ende noch: Wenn Pröll nächste Woche die Budgetrede hält, dann liegt seinem Zahlenwerk die Annahme einer zweiprozentigen Schrumpfung der Wirtschaft in diesem Jahr zugrunde. Auf dieser Basis würde das Defizit auf rund vier Prozent und die Staatsverschuldung auf 70 Prozent des BIP ansteigen. Also über die Maastricht-Grenzen. „Wir rechnen fix mit einem Defizitverfahren der EU“, sagte Pröll gestern.

Allerdings: An nur zwei Prozent Schrumpfung glaubt niemand mehr. Die Prognosen für Deutschland liegen bei fast minus fünf Prozent, für Österreich gelten minus vier Prozent als nicht unrealistisch.

„Dramatischer Einbruch“

Das wird das Budget noch einmal ordentlich unter Druck bringen: „Es wird noch schlimmer“, sagt der Finanzminister mit Bezug auf die Einnahmen. „Derzeit gehen die Unternehmenssteuern schon stark zurück, die Konsumsteuern sind aber noch stabil“, sagt Pröll. Aber nicht mehr lange: „In einem halben Jahr rechne ich mit einem starken Einbruch bei den Steuern.“

Den geringeren Steuereinnahmen stehen höhere Ausgaben gegenüber: Die Arbeitslosigkeit wird in den nächsten Monaten stark steigen, eine halbe Million Arbeitslose (einschließlich der in Schulungen „versteckten“) zum Jahresschluss würden niemanden mehr überraschen. Unter solchen Umständen werde die „Konsolidierung“ der stark ansteigenden Staatsverschuldung nicht vor 2011 beginnen können, meint Pröll.

Die Totalgarantie für Spareinlagen dürfte trotzdem zum Jahresende auslaufen: Pröll sieht „derzeit“ keinen Bedarf, die Vollgarantie zu verlängern. Ab 2010 sind dann „nur“ noch 100.000 Euro pro Sparer staatlich garantiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2009)

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