Konsumklima: Kauflaune trotzt der schlechten Wirtschaftslage

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Beurteilen sie die Konjunktur, sind die Österreicher die Pessimisten Europas. Beim Einkaufen sind sie aber ganz vorn dabei.

Wien.Der Österreicher, ein irrationales Wesen – jedenfalls wenn es darum geht, die allgemeine und die persönliche wirtschaftliche Lage in einen rationalen Zusammenhang zu bringen: Einer Studie der GfK zufolge sehen die Österreicher, wenn man sie nach der Konjunkturentwicklung fragt, schwarz, sie sind mit –17 Zählern die Pessimisten Europas (siehe Grafik). Nicht einmal die Italiener und die Bulgaren sehen ihre Lage so düster.

Dieser Fatalismus wirkt sich aber nicht auf die Konsumlaune aus. Bei der Anschaffungsneigung – also der Absicht, Geld auszugeben – belegt Österreich nämlich gleich nach Konsumeuropameister Deutschland Platz zwei. In keinem anderen Land in Europa sehen die Einwohner einen so geringen Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Situation ihres Landes und der persönlichen finanziellen Lage. Eine wirklich schlüssige Erklärung für dieses Verhalten gibt es nicht: „Die Konsumlaune kann man mit dem niedrigen Zinsniveau in Verbindung bringen“, sagt GfK-Studienautor Paul Unterhuber. „Oder mit der Meinung: Jetzt gönne ich mir noch was, bevor die Zeiten noch schlechter werden.“

Die besonders schlechte Konjunktureinschätzung wiederum sieht er im Zusammenhang mit der Russland- und Ukraine-Krise. „Österreich sieht sich da traditionell als ein Tor gegen den Osten.“

Mit der Einschätzung der Konjunktur liegen die Österreicher nicht falsch: Im Gegensatz zu jenen der meisten anderen europäischen Länder kommt die österreichische Wirtschaft nicht in Schwung. Für das aktuelle Jahr erwarten Wirtschaftsexperten lediglich ein Wachstum von 0,5Prozent. Die Konjunkturerwartung der Verbraucher hat sich dementsprechend seit Dezember um fünf Zählerpunkte eingetrübt.

Bei der Einkommenserwartung liegt Österreich im EU-Vergleich im Mittelfeld (+8 Punkte), etwa gleichauf mit Griechenland (+7), wird aber von Ländern wie Spanien (+21), Tschechien (+49) und Spitzenreiter Deutschland (+53) deutlich übertrumpft.

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Niederösterreich am stärksten

Die Kaufkraft der Österreicher wird sich 2015 im Vergleich zum Vorjahr einer Prognose der GfK zufolge positiv entwickeln. Sie beträgt pro Kopf 22.067 Euro, um 176 Euro mehr als im Vorjahr. Die EU-weite Kaufkraft lag 2014 mit 13.112 Euro pro Kopf deutlich darunter.

Aber die Kaufkraft ist in Österreich nicht gleich verteilt: Niederösterreich liegt vor Wien auf Platz eins – es profitiert vom Wiener Speckgürtel. Auf Platz drei liegt Vorarlberg, die Schlusslichter bilden die Steiermark, Kärnten und Tirol. Unter den zehn kaufkraftstärksten Bezirken gehören nur zwei nicht zu Wien: Mödling und Eisenstadt. Der erste Wiener Bezirk ragt mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 41.115 Euro um gut 86Prozent über den österreichischen Durchschnitt hinaus. Bei der Kaufkraft pro Haushalt schneidet Wien wegen der vielen Single-Haushalte aber deutlich schlechter ab als die anderen Bundesländer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2015)

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Im Schnitt hat jeder Österreicher im Jahr 22.067 Euro zur Verfügung. Bei den Haushalten liegt Wien aufgrund der vielen Single-Haushalte hinten.

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