Polster: „Die Banken sind sicherer geworden“

Polster: „Die Banken sind sicherer geworden“
Polster: „Die Banken sind sicherer geworden“(c) Martin Joppen
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Der Österreich-Chef der Deutschen Bank, Rainer Polster, über die Beteiligung von Investoren an künftigen Bankenpleiten, strenge Regularien und die kommende Kreditklemme.

Die Presse: Die Finanzkrise geht jetzt ins siebente Jahr. Sind die Banken in dieser Zeit eigentlich sicherer geworden?

Rainer Polster: Innerhalb des europäischen Bankensektors ist die Kapitalausstattung seit 2008 um mehr als 50 Prozent gestiegen, die Risikoaktiva sind gleichzeitig um zehn bis 15 Prozent gesunken. Wir haben damit zweifellos ein stabileres Finanzsystem. Management, Aufsicht und Investoren haben jetzt auch ein viel besseres Bild davon, was in den Bilanzen abläuft. Was wir noch nicht haben, sind profitablere Banken.

Wobei die Ertragserwartungen vor der Krise ja etwas überzogen waren.

Davon haben wir uns als Industrie ohnehin schon lang verabschiedet. Der Aufbau zusätzlicher Risikopuffer für die Zukunft wird durch weniger Profitabilität aber eingeschränkt. Die Problematik ist, dass die Kostenbasis durch höhere regulatorische Anforderungen um fünf bis zehn Prozent gestiegen ist.

Die neuen Regularien sollten auch verhindern, dass wieder Steuerzahler für Bankenrettungen einspringen müssen. Dieses „Too big to fail“-Problem ist noch nicht gelöst, oder?

Doch, dadurch, dass Banken ihre Abwicklungspläne dokumentieren müssen, und durch neue Bankenabwicklungsregeln, die auch die Beteiligung von Gläubigern vorsehen (Bail-in), bekommt man das in den Griff.

Wieso hatten Banker eigentlich bisher solche Probleme, einen in der restlichen Wirtschaft selbstverständlichen Bail-in zu akzeptieren?

Ich glaube nicht, dass Banker damit ein Problem haben. Wir wollen ja kein Bankensystem, das letztendlich am Staat hängt. Durch die neuen Regeln müssen sich Investoren stärker mit dem Risiko befassen, und das Bankmanagement muss sich stärker fragen, welches Geschäft es machen will und welches nicht. Wir sind der Meinung, dass das positiv ist. Bisher wurde zu undifferenziert in Bankrisiko investiert.

Bei der österreichischen Hypo-Nachfolgegesellschaft, Heta, bei der dies erstmals auf Basis der neuen Abwicklungsregeln praktiziert wird, hört sich das vonseiten deutscher Investoren aber anders an.

Österreich hat einige Regeln im Nachhinein geändert. Das werden Gerichte klären. Grundsätzlich ist es aber richtig, die Verantwortung wieder dort hinzugeben, wo sie hingehört: zum Investor. Jeder Investor, der jetzt investiert, weiß, dass er sich nicht mehr darauf verlassen kann, dass dort, wo Garantie draufsteht, auch Garantie drin ist. Vertrauen in Banken kann nur hergestellt werden, wenn man der Bank direkt vertraut, und nicht Garantiegebern.

Für die alten Investments, etwa bei der Hypo, scheint das aber nicht zu gelten.

Das wird jetzt ausjudiziert.

Sie haben vorhin angedeutet, das regulatorische Umfeld sei für die Banken jetzt zu eng gefasst.

Zu eng gefasst ist nicht der richtige Ausdruck. Wir müssen aber darauf achten, dass wir das sinnvolle regulatorische Umfeld nicht mit zusätzlichen Belastungen überfrachten. Beispiele dafür wären etwa die österreichische Bankensteuer oder der europäische Einlagensicherungsfonds.

Können Sie der Argumentation, dass sich die Staaten von den in Europa mit insgesamt 4,5 Billionen Euro Steuergeld geretteten Banken etwas zurückholen wollen, etwas abgewinnen?

Es wäre besser, sich über die Beteiligung an Gewinnen als über Maßnahmen, die die Profitabilität der Banken weiter schwächen, etwas zurückzuholen. Man muss den Banken ermöglichen, ihre Kapitalkosten zu verdienen.

Gibt es eine Kreditklemme?

Jetzt nicht, aber wenn wir in ein paar Jahren steigende Zinsen, steigende Bilanzsummen und steigende Kreditnachfrage haben, dann wird sich die Schere auftun. Entweder die Banken können dann zusätzliches Kapital generieren, oder sie werden die Kreditnachfrage nicht befriedigen können. Man wird künftig Kredite nicht mehr aus Handelserträgen subventionieren können. Ein Weg wäre, Unternehmensfinanzierung über den Kapitalmarkt zu forcieren. Dazu brauchen wir aber politische Unterstützung.

ZUR PERSON

Rainer Polster (45) ist seit 2010 als Chief Country Officer für alle Aktivitäten der Deutschen Bank in Österreich zuständig. Das größte deutsche Bankinstitut ist hierzulande mit der Deutsche Bank AG Filiale Wien (Corporate Banking, Asset Management) und der Deutsche Bank AG Österreich (Wealth Management für vermögende Privatkunden) vertreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2015)

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