Tourismus: „Nächtigungen sind teuer erkauft“

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STADTPORTR�T WIEN - HOFBURG(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Der Winter brachte wieder einen Nächtigungsrekord. Doch der Kostendruck auf die Hoteliers steigt, die Margen schwinden. Die Steuerreform brachte vor allem Belastungen.

Wien. Eigentlich müsste alles paletti sein. In der Wintersaison 2014/15 sind die Gästenächtigungen von November bis März um 2,2 Prozent auf 58,78 Millionen gestiegen. Die Zahl der Ankünfte erhöhte sich um 4,1 Prozent auf 15,25 Millionen.

In der Branche herrscht dennoch Grabesstimmung. Grund ist die Steuerreform, die für die touristischen Betriebe ein ganzes Paket von Mehrbelastungen mit sich gebracht hat. Da hätten sich die positiven Nächtigungszahlen kontraproduktiv ausgewirkt, ist Gregor Hoch, Präsident der österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), überzeugt.

Die Regierung habe sich von den Zahlen blenden lassen und nicht berücksichtigt, dass die Erträge der Branche mit dem Nächtigungswachstum nicht Schritt halten – im Gegenteil, sie sinken. „Die Margen liegen bei den Vier- und Fünfsternhotels bei zwei Prozent“, sagt Hoch. Da sei die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Nächtigungen von zehn auf 13 Prozent schwer zu schultern, ebenso die geplante Adaptierung der Grunderwerbsteuer, die Betriebsübergaben in der Familie erheblich verteure.

„Völlig an der Realität“ vorbei gehe auch die auf 40 Jahre erhöhte Abschreibungsdauer auf Investitionen. „Kein Gast akzeptiert heute ein 40 Jahre altes Badezimmer oder eine 40 Jahre alte Couch in der Lobby.“ Die Investitionszyklen seien viel kürzer, entsprechend müsse die Abschreibungsdauer – wie in Deutschland – an diese Zyklen angepasst werden.

Laut Berechnungen der ÖHV werden die steuerlichen Zusatzbelastungen den Tourismus in Summe rund 220 Mio. Euro kosten. Und die Betriebe können nicht gegensteuern. „Es hat seit Jahren keine Realpreissteigerungen gegeben. Die Nächtigungszuwächse sind in Wahrheit teuer erkauft“, sagt Hoch.

(C) DiePresse

„Betten vegetieren vor sich hin“

„In der Ferienhotellerie ist die Lage besonders prekär“, sagt Hotelier und Neos-Abgeordneter Sepp Schellhorn. „Es gibt ein riesiges Überangebot. 30.000 Betten vegetieren vor sich hin. Die Betriebe können nicht zusperren, weil das in den Privatkonkurs münden würde. Stattdessen machen sie weiter und verkaufen ihre Betten unter Wert.“ Schellhorn plädiert deshalb für eine „Abwrackprämie“ für Hoteliers, um den Markt von diesen Preisdrückern zu bereinigen.

Der Salzburger Hotelier beklagt zudem eine generell „visionslose Tourismuspolitik. In der WKO denkt man immer noch in Schneekanonen“. Taugliche Konzepte abseits des Skitourismus würden aber fehlen. „Beschneiung ist ein Riesenthema“, bestätigt Hoch. „Das kostet wahnsinnig viel Geld, und da hängen viele Branchen dran.“ Auch wenn er Schellhorn „im Kern recht gibt“, sieht Hoch trotz des Klimawandels immer noch „eine geschlossene Schneedecke“ als Grundbedingung für den Wintertourismus.

„Aber natürlich wird der Klimawandel dafür sorgen, dass die tiefer liegenden Skigebiete Schwierigkeiten bekommen“, sagt Hoch. „Ganz ohne Naturschnee funktioniert die Beschneiung ja nicht.“ Einzelne Hotels hätten sich darauf eingestellt und Zusatzangebote entwickelt. Touristische Gesamtkonzepte für in Zukunft betroffene Regionen sehe er derzeit noch keine. Hoch spricht von einem „düsteren Szenario“ für die Zukunft.

„Todesstoß für Alpenregion“

„Schon in zehn Jahren wird es deutlich weniger Betriebe geben als heute. Viele Betriebsübergaben werden nicht stattfinden“, glaubt Hoch. Dabei vergesse die Regierung, dass die Bevölkerung des Alpenbogens wesentlich vom Tourismus abhänge, schließlich ernähre dieser auch einen Großteil der Dienstleister und Zulieferer in der Region. „Die touristischen Betriebe auszubluten bedeutet den Todesstoß für die Alpenregionen.“

Hoch fordert, dass zumindest ein Teil die Einnahmen aus den Steuern wieder in den Tourismus investiert werden, etwa in eine Aufstockung des Budgets der Österreich Werbung, das seit Jahren nicht einmal an die Inflation angepasst wurde, oder in zinsgünstige Darlehen für Hoteliers, um einen weiteren Knick bei den Investitionen zu verhindern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2015)

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