Österreichs Unternehmen: Selbst die Besten schrumpfen

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Österreichs Unternehmen haben die jüngsten Krisenjahre schlechter überstanden als Schweizer und Deutsche. Alte Exportmärkte verdorren, die Wettbewerbsfähigkeit ist im Sinkflug.

Wien. Im Jahr 2013 ist es passiert. Auch die umsatzstärksten Unternehmen des Landes konnten sich nicht länger gegen die Wirtschaftsflaute aufbäumen – und schrumpften. Der jähe Absturz fiel heftig aus: Während die Wirtschaftsleistung nur um 0,2 Prozent sank, schmolz der Umsatz der hundert größten Firmen Österreichs in dem Jahr um sechs Prozent, so eine Analyse der Unternehmensberatung Accenture, die der „Presse“ exklusiv vorliegt.

Das ist eine Trendwende: Bis dahin konnten die wirtschaftlichen Zugpferde des Landes stets deutlich schneller wachsen als die gesamte Volkswirtschaft. Auch der Vergleich mit Schweizer und deutschen Unternehmen zeigt, dass 2013 Einschneidendes passiert ist: In den beiden Jahren zuvor überflügelten Österreichs Top 100 die Rivalen aus den Nachbarländern in Sachen Wachstum klar. Diesmal sind sie weit abgeschlagen. Zwar waren auch deutsche und Schweizer Firmen von der schwachen Konjunktur betroffen, doch konnten sie ihre Umsätze zumindest stabil halten. Österreich hingegen rutschte ab (siehe Grafik). Aber wie konnte das passieren?

Export reicht nicht mehr

Für Accenture-Chef Klaus Malle ist die Sache klar: „Die Standortprobleme schlagen sich endgültig in der Realwirtschaft nieder“, sagt er. „Alle haben sich lustig gemacht über die Rankings, die Österreichs Abstieg dokumentierten.“ Nun sei das Resultat eben in den Bilanzen nachzulesen. Auch 2014 und 2015 erwartet er kaum Verbesserung.

Vergleicht man die Situation der Unternehmen in den drei Ländern genauer, zeigen sich bedrohliche Tendenzen: Löhne, Vermögen und Konsum der Österreicher stagnieren. Unternehmen sind damit noch stärker auf Wachstum jenseits der Grenzen angewiesen. Doch gerade die Wiesen, auf denen die heimischen Firmen gern gegrast haben, sind verdorrt – allen voran Osteuropa. „Das alte Rezept, jetzt einfach neue Exportmärkte zu suchen, reicht nicht aus“, so Malle. Denn auch Hoffnungsmärkte wie China wachsen schwächer. Firmen müssten wieder investieren, so sein Rat – vor allem in Digitalisierung.

Die notwendigen Reserven dafür wären vorhanden. Was fehlt, ist auch das Vertrauen in den Standort. Während Deutschland harte Reformen auf dem Arbeitsmarkt umgesetzt und zudem mitten in der Krise den Staatshaushalt saniert hat, feiert Österreich bereits die kleinste Korrektur der Lohnkosten. Der entsprechende Ausgleich auf der Ausgabenseite fehlt noch, weitere Belastungen sind damit nur eine Frage der Zeit. Zuletzt lag Österreich bei den Lohnzusatzkosten deutlich über den beiden anderen Ländern (siehe Grafik).

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Bald zu teuer für Deutschland?

Wie verheerend sich dieser Trend bereits ausgewirkt hat, zeigt die Entwicklung der nominalen Lohnstückkosten. Dieser Indikator für Wettbewerbsfähigkeit entwickelte sich bis zur Finanzkrise in Österreich recht gut. Die Unternehmen konnten sich relativ hohe Löhne und noch höhere Lohnabgaben an den Staat leisten, weil die Mitarbeiter hierzulande produktiver waren als anderswo.

Diese Balance ist mittlerweile Geschichte. Der Wettbewerbsvorsprung des Landes schmilzt dahin. Vor allem die plötzliche Verteuerung gegenüber Deutschland könnte sich zu einem ernsten Problem auswachsen, warnt Klaus Weyerstraß vom IHS. So ist die deutsche Automobilindustrie ein wichtiger Kunde heimischer Firmen. Werden österreichische Waren zusehends teurer, könnten deutschen Hersteller ihre Vorprodukte bald lieber selbst fertigen, statt sie aus Österreich zu importieren.

AUF EINEN BLICK

Am besten schnitten ab: Kapsch Group, Kelag, Lenzing, Miba, Novomatic, OMV, Agrana, Red Bull, SBO, Vamed, Borealis, Heinzel, RHI, AMS AG, MM Karton, Ottakringer und Semperit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2015)

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