Österreich: Arbeitskosten nehmen rasant zu

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Österreich liegt bei den Arbeitskosten bereits im vorderen Bereich aller EU-Länder. Bei der Zunahme der Kosten ist die Republik – zumindest in den westlichen Ländern der Union – sogar absoluter Spitzenreiter.

Wien. Wenn die EU-Kommission am Dienstag ihre Konjunkturprognose präsentiert, dürfte das Ergebnis für Österreich eher traurig ausfallen. So mussten auch die heimischen Ökonomen bei ihren jüngsten Prognosen allesamt die Erwartungen zurückfahren. Dies ist umso schmerzlicher, als sich in den Nachbarländern die Situation gänzlich anders zeigt. Vor allem in Deutschland mussten die Prognosen in den vergangenen Monaten bereits mehrmals nach oben geschraubt werden.

Ein Grund für diesen signifikanten Unterschied nannte am Montag das deutsche statistische Bundesamt. Dieses präsentierte einen Vergleich der Arbeitskosten in den verschiedenen europäischen Ländern. Auf den ersten Blick schneidet Österreich dabei gar nicht so schlecht ab. So liegt die Republik mit durchschnittlich 31,70 Euro (Bruttolohn plus Lohnnebenkosten), die von privaten Arbeitgebern pro Stunde im vierten Quartal des Vorjahres gezahlt werden mussten, auf dem neunten Platz aller 28 EU-Länder. In Dänemark (42) und Belgien (41,10), aber beispielsweise auch in Frankreich (35,20) und Finnland (32,90) liegen die Kosten höher. Und selbst Deutschland liegt um zehn Cent pro Stunde über den Arbeitskosten Österreichs.

Wirft man jedoch einen Blick auf die Entwicklung dieser Kosten, dann ergibt sich ein völlig anderes Bild. So legte Österreich seit dem Jahr 2013 bei den Arbeitskosten um 3,1 Prozent zu. Das ist nicht nur wesentlich mehr als in Dänemark (1,5), Belgien (0,9), Frankreich (0,9), Finnland (1,4) und Deutschland (1,6). Auch osteuropäische Länder wie Tschechien (2,1), Slowenien (2,4) und Bulgarien (2,8) blieben unter dem Plus Österreichs. In den meisten anderen Ländern Osteuropas stiegen die Arbeitskosten zwar stärker als in Österreich, dies aber von einem wesentlich tieferen Niveau wie etwa 7,80 Euro pro Stunde in Ungarn. Viel entscheidender ist für die heimische Wirtschaft jedoch das Verhältnis zu direkten Hochlohn-Konkurrenten – vor allem zu Deutschland. Und hierbei zeigt die Tendenz bereits seit Längerem eine für den Standort Österreich negative Entwicklung.

Der Wegfall des vor einigen Jahren noch bestehenden Kostenvorteils gegenüber deutschen Produktionsstätten führt nun dazu, dass etwa in der Autoindustrie wichtige Zulieferaufträge von den deutschen Herstellern selbst erledigt oder an Zulieferer im eigenen Land vergeben werden, was von den lokalen Gewerkschaften häufig gefordert wird. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2015)

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