Hypo: Eine Kultur des Wegschauens

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Die Nationalbank ging Kick-back-Zahlungen an Hypo-Manager nicht mehr nach, als der Wirtschaftsprüfer seinen Verdacht zurückzog. Die Staatsanwaltschaft wurde nicht eingeschaltet.

Wien. Der parlamentarische Hypo-Untersuchungsausschuss beginnt für die Nationalbank peinlich zu werden: In der in der Vorwoche aufgekochten Affäre um mögliche Kick-back-Zahlungen an Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer im Zuge eines Hypo-Kredits an die kroatische Geflügelfirma Puris verwickeln sich die Notenbanker jedenfalls zunehmend in Widersprüche.

Wie berichtet, hatte der Hypo-Wirtschaftsprüfer Erich Kandler (damals Deloitte) am 26. Februar 2007 den damaligen OeNB-Abteilungsleiter und jetzigen FMA-Vorstand Helmut Ettl über Transaktionen informiert, die auf solche Kickbacks hinweisen. Ettl hatte daraufhin seine Chefs (unter anderem Gouverneur Klaus Liebscher und Direktor Andreas Ittner) informiert. Wenige Tage später, so die Nationalbank vergangene Woche, habe Kandler den Verdacht nach „intensiven Gesprächen“ wieder zurückgezogen. Die Notenbank sah daraufhin, wie sie der „Presse“ erklärte, „keinerlei Handlungsbedarf“ mehr, zumal man in Kroatien ohnehin nicht prüfen dürfe.
Beides stimmt, wie sich gestern herausstellte, eher nicht so ganz: Zum einen pflegten die OeNB-Prüfer in Sachen Hypo intensiven Informationsaustausch mit den Aufsichtsbehörden in Kroatien, Slowenien und Serbien, bekamen also sehr wohl Einblick.

Zum anderen war Puris in der Notenbank sehr wohl weiter ein Thema: Laut einem vom Neos-Abgeordneten Rainer Hable vorgelegten internen Aktenvermerk der OeNB trafen sich nämlich am 23. März, also knapp einen Monat nach der Warnung des Wirtschaftsprüfers, unter anderem die Herren Ittner, Ettl und Roland Pipelka (Hypo-Prüfer), um „im Hinblick auf die aktuelle Medienberichterstattung betreffend die Geschäfte des Vladimir Zagorec“ die Wiederaufnahme einer 2006 begonnenen und in der Zwischenzeit schon abgeschlossenen Hypo-Prüfung zu beschließen. Einer der Punkte: Die Prüfung der Hypo-Organgeschäfte mit der Puris-Gruppe.

Allerdings: Im Abschlussbericht dieser Prüfung kommt Puris nicht vor. Im Ausschuss erklärte Pipelka auf Nachbohren durch Hable, dass die Prüfung der Puris darin bestanden habe, mit dem Wirtschaftsprüfer Kontakt aufzunehmen. Und da dieser seinen Verdacht zurückgenommen habe, habe man auch keinen Anlass für weitere Prüfungen gesehen. Und warum steht das nicht im Abschlussbericht? Weil in den Prüfbericht nur Dinge aufzunehmen seien, die nicht in Ordnung sind. Wenn sich ein Verdacht nicht bestätigt, werde das nicht erwähnt. Die Entscheidung, das nicht in den Bericht zu schreiben, habe der jetzige FMA-Chef Ettl (damals OeNB-Abteilungsleiter) getroffen.
Zur Kehrtwende des Wirtschaftsprüfers lieferte Pipelka übrigens eine zeitlich andere Version: Diese sei nicht schon nach einigen Tagen erfolgt, sondern erst nach der internen Sitzung am 23. März, als die Puris-Prüfung beschlossen wurde.

Haider sprach von Hetzjagd

Zur Erinnerung: Es ging um die Frage, ob „mehrere hunderttausend Euro“ eines Hypo-Kredits an den damaligen Bankchef Kulterer oder dessen Frau zurückgeflossen seien. In einer späteren Anzeige der Hypo wird übrigens nicht nur der laut OeNB-Prüfer nicht relevante Kick-back-Verdacht des Wirtschaftsprüfers noch einmal detailliert wiederholt, sondern auch die Vermutung ausgesprochen, Kulterer sei überhaupt „wirtschaftlich Berechtigter“ des Unternehmens gewesen, dem die Hypo insgesamt an die 50 Mio. Euro geborgt und nie wiedergesehen hatte. Kulterer bestreitet das, es gilt die Unschuldsvermutung.

Steht hinter den Rückziehern des Wirtschaftsprüfers und der Notenbank politischer Druck? Landeshauptmann Jörg Haider hatte damals, im Vorfeld des Hypo-Verkaufs an die Bayern, jedenfalls Wirtschaftsprüfer und Notenbank mit Klagen bedroht, war der OeNB gleichzeitig mit einer Anti-Privilegienkampagne in die Parade gefahren und hatte wortreich gegen eine „Hetzjagd der Wiener Szene“ gewettert, die ihm seine saubere Bank madig machen wolle.

Fest steht jedenfalls, dass die Staatsanwaltschaft trotz des gravierenden strafrechtlich relevanten Vorwurfs von Kick-back-Zahlungen nicht eingeschaltet wurde. Das geschah erst Jahre später durch die Hypo selbst. OeNB-Prüfer Pipelka sagte, er würde das „nicht einmal als Privater anzeigen“. Man habe schließlich „einen Ruf“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2015)

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