Wie Registrierkassen den Umsatz steigern

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Wie viel Österreichs Kleinunternehmen bisher „schwarz“ kassiert haben, ist unbekannt. In Schweden kamen Untersuchungen auf 20 bis 40 Prozent.

Wien. Es war, berichtete der „Spiegel“, ein „kleines Wirtschaftswunder“, das sich vor einigen Jahren in Hamburg ereignet hat: Der Umsatz der 3273 Taxis schoss von einem Jahr auf das andere um 50 Prozent nach oben. Fuhren alle Hamburger plötzlich nur noch mit dem Taxi? Hatten die Grünen ein flächendeckendes Parkpickerl eingeführt? Mitnichten. Die Finanz hatte den verpflichtenden Einbau von Fiskaltaxametern vorgeschrieben, und plötzlich ließen sich die Fahrtkosten nicht mehr „schwarz“ kassieren.

Es wird interessant, wie sich die Umsätze der heimischen Gastronomie entwickeln werden, wenn im kommenden Jahr die Registrierkassenpflicht verwirklicht wird. Dann können Restaurants den Gästen keinen „Konsumationsbon“ oder eine „Tischinformation“ ausstellen – unverbindlich und vorbei an der Steuer. Dann garantiert ein Chip, dass jedes Getränk und jede Suppe, die als Umsatz in die Kasse eingegeben wird, auch versteuert werden muss.

Umsatzplus von sechs Mrd. erwartet

900 Millionen Euro erwartet sich der Finanzminister von der Einführung der manipulationssicheren Registrierkassen. Der Betrag ergibt sich aus einem angenommenen Mischsteuersatz von 15 Prozent für die sechs Milliarden Euro, die man künftig mehr an gemeldetem Umsatz erwartet.

„Das ist eher sehr vorsichtig geschätzt“, meint man im Büro von Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ), die als frühere Finanzstaatssekretärin die Registrierkassenpflicht forciert hatte. Offiziell machte beispielsweise allein die Gastronomie im vergangenen Jahr einen Umsatz von 8,3 Milliarden Euro. Wie viel „schwarz“ kassiert wurde, darüber gibt es nur Schätzungen. Sie reichen von einem Drittel bis zur Hälfte dieses Umsatzes.

Insgesamt betragen die jährlichen Einnahmen des Staates aus der Mehrwertsteuer etwa 25 Milliarden Euro. Die EU gab in einer Untersuchung an, dass die Umsatzsteuerlücke in Österreich allein 2013 bei 3,2 Milliarden Euro lag. Eine OECD-Studie („Umsatzverkürzung mittels elektronischer Kassensysteme“) berichtet über Erfahrungen in Schweden, wonach „20 bis 40 Prozent der Umsätze (bei kleineren Unternehmen, Anm. d. Red.) nicht gemeldet worden waren“. Und eine Prüfung der Finanz im Jahr 2014 ergab, dass österreichweit 35 Prozent aller Kassen „grobe Mängel“ aufwiesen, eine Manipulation also naheliegt. Der Geschäftsführer der Firma Etron, Martin Zoglauer, berichtete der „Presse“, dass sein Unternehmen „einige Kunden“ verloren habe, als man in Österreich Kassensysteme anbot, bei denen der Umsatz nicht mehr nachträglich verändert werden kann.

„Fehler der Wirtschaftskammer“

Einer der wenigen Wirte, die nicht gegen die Registrierkassenpflicht Sturm laufen, ist der Neos-Abgeordnete Sepp Schellhorn, der mehrere Restaurants und ein Hotel in Salzburg betreibt. „Ich glaube nicht, dass die Kassen das Grundproblem sind. Andere Maßnahmen, wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer, tun uns mehr weh.“ Es sei ein Fehler der Wirtschaftskammer gewesen, „durch ihr lautes Klagelied alle Aufmerksamkeit auf die Registrierkassen zu richten“.

Umsatzstarke Betriebe haben generell weniger Probleme mit der Kassenpflicht, weil sie aufgrund ihrer Größe ohnehin meist ein Kassensystem haben, das Manipulationen ausschließt. Betroffen sind vor allem kleine Unternehmen – nicht nur in der Gastronomie, sondern auch Kfz-Werkstätten, Friseure, Bekleidungs- oder Lebensmittelgeschäfte. Bisher mussten sie bis zu einem Umsatz von 150.000 Euro im Jahr nur einen täglichen Kassasturz machen (Differenz zwischen morgendlichem und abendlichem Kassastand). Künftig muss ab 15.000Euro eine manipulationssichere Registrierkassa verwendet und verpflichtend ein Beleg ausgestellt werden. Die gesetzlich vorgeschriebene Belegpflicht für Kunden, die eine Rechnung bis zum Ausgang aus dem Geschäft aufbewahren müssen, ist vor allem eine psychologische Maßnahme – Sanktionen gibt es bei einem Verstoß keine.

Ganz im Gegensatz zu einer Initiative in unserem Nachbarland Slowenien. Dort sollen Kunden die Rechnung für die Dauer der gesetzlichen Gewährleistung (zwei Jahre) auf Verlangen vorweisen können. Wer das nicht kann, muss mit Strafen von 40 bis 400 Euro rechnen (der Entwurf ist in Begutachtung).

Das Finanzressort in Österreich besteht nicht mehr auf einem speziellen Kassenchip. Es genügt eine zertifizierte Kasse, die nicht manipulierbar ist. Die Kosten dafür – ab 300, 400 Euro – können sofort abgeschrieben werden (bis maximal 2000 Euro), zudem gibt es eine Förderung von 200 Euro.

Eine Garantie, dass der Verkäufer den Umsatz aber überhaupt in die manipulationssichere Registrierkasse eingibt, hat man auch damit nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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