Semmering: Tunnelbau startet heuer

ARCHIVBILD SEMMERING- BASISTUNNEL / SONDIERSTOLLEN
ARCHIVBILD SEMMERING- BASISTUNNEL / SONDIERSTOLLEN(c) APA (ROBERT JAEGER)
  • Drucken

Die Tunnelgegner wollen gegen das Urteil vor den VwGH ziehen. Gebaut wird dennoch, so die ÖBB.

Wien. Der umstrittene Semmeringtunnel darf gebaut werden. Mit dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, über die „Die Presse“ am Dienstagabend exklusiv berichtet hat, zog das Bundesverwaltungsgericht einen Schlussstrich unter einen jahrzehntelangen Rechtsstreit. Zumindest theoretisch. Denn die Tunnelgegner, allen voran die Umweltschutz-Vereinigung Alliance for Nature, wollen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) einlegen.

Allzu viel ändern wird das vorerst aber nicht. Denn der Richtersenat unter Werner Andrä hat in seinem knapp hundert Seiten starken Urteil die ordentliche Revision ausgeschlossen. Der Gang zu den Höchstgerichten ist zwar theoretisch möglich, hat aber keine aufschiebende Wirkung mehr. Auch die Erfolgschancen sind geringer.

Umfangreiche Auflagen

Die Tunnelgegner müssten einen überzeugenden Grund dafür finden, dass – entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts – doch eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliege, die vom Höchstgericht geklärt werden müsste.

(C) DiePresse

Der Richtersenat konnte jedenfalls keinen Hinweis darauf finden, dass derart grundsätzliche Fragen offen wären. Er prüfte stattdessen eine Vielzahl an konkreten Kritikpunkten der Tunnelgegner – und kam zur Erkenntnis, dass keiner von ihnen wichtiger sei als das öffentliche Interesse am Ausbau der Bahnverbindung in Österreichs Süden. Das Projekt Semmeringtunnel neu sei aber nur unter Einhaltung „umfangreicher Auflagen“ für Wasserschutz und Umweltschutz möglich, betonte das Gericht.

ÖBB-Chef Christian Kern sieht daher einem möglichen „Nachspiel“ vor dem VwGH gelassen entgegen. Nach zwanzig Jahren Rechtsstreitigkeiten hätten die ÖBB endlich grünes Licht für den Semmeringtunnel, also werde keine weitere Zeit verschwendet. Noch heuer sollen die notwendigen 400Meter tiefen Schächte in der Mitte des Berges gegraben werden. Von dort aus sollen dann Anfang 2017 die Bohrungen nach Norden und Süden beginnen. Zeitgleich soll von Norden und Süden in den Berg gegraben werden.

Die Prozesse hätten in Summe „ein Jahr Bauzeit gekostet“, sagte Kern zur „Presse“. Das Unternehmen rechne dennoch damit, dass das Projekt bis Ende 2025 fertiggestellt sein wird. Der Bau der beiden 27 Kilometer langen Röhren soll planmäßig 3,3 Milliarden Euro kosten. Die Kosten für die Finanzierung dieser Summe sind dabei nicht eingerechnet.

Vier Mal mehr Passagiere?

Während die Tunnelgegner am Mittwoch von einer „Niederlage für Wahrheit und Umwelt“ sprachen, herrschte bei Regierung und den beiden betroffenen Bundesländern, Niederösterreich und Steiermark, große Erleichterung. Der Süden des Landes ist – im Vergleich zum Westen – bahntechnisch schwach ausgebaut. Die Bundesbahnen rechnen mit einem Potenzial von bis zu vier Mal mehr Passagieren in der Region. Der Semmeringtunnel soll die Fahrzeit zwischen Wien und Graz um eine gute halbe Stunde verkürzen. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

ARCHIVBILD SEMMERING- BASISTUNNEL / SONDIERSTOLLEN
Österreich

Urteil: Semmeringtunnel darf gebaut werden

"Presse"-Exklusiv. Das öffentliche Interesse am umstrittenen Bau überwiege alle Einwände, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Ein Einspruch ist möglich, hat aber keine aufschiebende Wirkung.
Wirtschaftskommentare

Die Bahn und ihr Perpetuum mobile

Beim Semmeringtunnel wird mit wunderlichen Zahlen argumentiert.
ARCHIVBILD SEMMERING- BASISTUNNEL / SONDIERSTOLLEN
Österreich

Streit um Semmeringtunnel geht in die nächste Runde

Das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit mehreren Beschwerden gegen das Milliardenprojekt, der Bau ruht unterdessen.
Infrastrukturminister Alois Stöger
Politik

Stöger will "Bahntunnelprojekte mit Nachdruck verfolgen"

Der neue Infrastrukturminister pocht auf eine rasche Steuerreform. Die Breitbandmilliarde sieht er weiter abgesichert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.