Die Heimreise der „goldenen Reserve“

Britain's Queen Elizabeth tours a gold vault during a visit to the Bank of England in the City of London
Britain's Queen Elizabeth tours a gold vault during a visit to the Bank of England in the City of LondonREUTERS
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Zum ersten Mal in der Zweiten Republik soll ein Großteil der Goldreserven in Österreich lagern. Die OeNB wird damit der neuen Rolle des Goldes gerecht: Die ultimative Weltwährung dient heute vor allem als Reserve für den Notfall.

Österreichs Gold kommt nach Österreich. Vorbei die Zeiten, in denen 80 Prozent der insgesamt 280 Tonnen Währungsgold in den Tresoren der Bank of England in London lagerten. Es ist die wahrscheinlich wichtigste währungspolitische Entscheidung seit der Einführung des Euro vor 16 Jahren – aber Nationalbankchef Ewald Nowotny hat sie am Donnerstag fast nebenbei erwähnt: auf den Seiten 13 und 14 seiner Präsentation für die Generalversammlung der OeNB.

Die Fakten sind schnell berichtet: Die Hälfte der Goldreserven soll in Zukunft in Wien gelagert werden. Denn, so Nowotny: „Die Rolle von Gold hat sich verändert. Es ist jetzt tatsächlich als eiserne Reserve zu sehen. Als goldene Reserve, wenn man so will.“ Deadline: 2020 – es sei aber nicht auszuschließen, dass der Transport schon früher abgeschlossen werde. 140 Tonnen der „eisernen Reserve“ sollen in Wien auf die Standorte der Nationalbank und der Münze Oesterreich aufgeteilt werden – im Sinn einer weiteren geografischen „Risikostreuung“. 20 Prozent des Goldes sollen in der Schweiz gelagert werden – 30 Prozent bleiben in London.

Herbe Rechnungshof-Kritik

Warum jetzt? Was hat sich konkret an der Rolle des Goldes im Währungssystem geändert? In Schilling-Zeiten habe es Sinn gehabt, die Reserven am Goldhandelsplatz London zu lagern, da das Währungsgold auch zur Verteidigung des fixen Wechselkurses zur D-Mark eingesetzt wurde, so Nowotny.

Dies sei heute aber nicht mehr notwendig. Auch die herbe Kritik des Rechnungshofs, der die Goldstrategie der Nationalbank vergangenes Jahr überprüft hat und dabei feststellen musste, dass sie nicht existiert, dürfte eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben. Aber, so Nowotny: „Die Überlegungen zum neuen Lagerkonzept sind schon länger gelaufen.“

Und die Rolle des Goldes weg vom Interventionstool und hin zur „eisernen Reserve“ hat sich auch schon länger geändert. Tatsächlich muss man sich die weiterhin in London gelagerten Goldvorräte in Zukunft als diese „eiserne Reserve“ vorstellen. In den Tresoren der Bank of England bleiben rund 120 Tonnen Gold des österreichischen Goldes liegen. Im Fall einer Finanz- oder gar Währungskrise könnte dieses Gold aktiviert werden, um an Devisen oder überlebenswichtige Rohstoffe wie Öl zu gelangen.

China als treibender Faktor

Denn Gold bleibt handelbar, wenn alles stillsteht. Es ist die einzige Währung, die immer und überall akzeptiert wird, die ultimative Weltwährung. Das hat auch die Finanzkrise 2008 gezeigt. Vereinfacht gesagt: Die „eiserne Reserve“ sichert die Handlungsfähigkeit des Staates, wenn die Banken und Börsen geschlossen bleiben. Das „heimgeholte“ Gold ist aus dieser Perspektive die Reserve-Reserve, die noch nicht einmal im Notfall angetastet werden sollte, sondern einfach die Solidität und Zahlungsfähigkeit der Republik untermauert. Auch Deutschland will bis 2020 die Hälfte seines Goldes in Berlin wissen.

Und dann ist da noch China: Peking kauft seit Jahren massiv Gold zu – auch wenn die chinesischen Bestände offiziell weiterhin bei nur 1000 Tonnen liegen. Es ist aber davon auszugehen, dass auch die Peoples Bank of China hier bald neue Zahlen bekannt geben wird, weil Transparenz bei Gold eine Voraussetzung für China wäre, um in Zukunft eine bedeutendere Rolle im Internationalen Währungsfonds spielen zu können. Bisher decken die Goldreserven nur rund ein Prozent der gewaltigen Währungsreserven Chinas. Zum Vergleich: Die 280 Tonnen Gold entsprechen rund der Hälfte der heimischen Währungsreserven. Überhaupt ist der Euro mit Gold besser versorgt als irgendeine andere Währung. Die Euro-Zentralbanken halten gemeinsam rund 10.000 Tonnen Gold.

Die USA haben rund 8000 Tonnen Gold. Russland steht bei 1244 Tonnen und kauft monatlich fleißig zu. Der russische Notenbanker Dmitry Tulin erklärt, warum: „Der Goldpreis bewegt sich. Aber andererseits ist Gold eine hundertprozentige Garantie gegen politische und juristische Risken.“

Transport in kleinen Tranchen

Anders als früher wird Österreich wohl auch auch kein Gold mehr verkaufen. „Gold ist ein wichtiger Teil unserer Reserven. Wir haben seit 2007 keine einzige Unze mehr verkauft“, so Nowotny. Alle Leasinggeschäfte, mit denen die Zentralbank nebenbei ein paar Euro verdient hat, indem sie Teile der Goldreserven vorübergehend verliehen hat, sind ausgelaufen. Auch das Gold, das am Handelsplatz London verbleiben wird, dient der Risikoabsicherung: „Was ich auf keinen Fall mache ist, dass ich mit Gold handle“, so Nowotny.

Zu den Details des Rücktransports hielt sich der OeNB-Gouverneur am Donnerstag bedeckt. Ob die Barren per Flugzeug, Bahn, Lkw oder Schiff kommen, ließ Nowotny offen. Erklärt wurde lediglich, dass der Transport in „kleineren Tranchen“ abgewickelt werden soll und möglicherweise schon vor 2020 abgeschlossen sein werde.

Die Nationalbank müsse aber Zeit für die Überprüfung der gelieferten Barren einplanen. Dabei geht es um die Echtheit des Goldes, aber vor allem um die Frage, ob die richtigen Barren mit den richtigen Seriennummern geliefert wurden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2015)

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