„Österreich ist tatsächlich ein traditionelles Goldland“

Die Presse
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Interview. Der Goldpreis interessiere die Zentralbanken kaum, sagt der Rohstoffexperte Thomas Bachheimer. Die Goldrückholung sei eine Reaktion auf den wachsenden Goldhunger Chinas. Es ergebe heute einfach Sinn, den „Schuldenlöscher“ Gold auch ins eigene Land zurückzuholen.

Die Presse: Ist die Goldrückholung der OeNB überraschend?

Thomas Bachheimer: Ja, weil immer nur sehr verschwommene Informationen zum Thema Gold aus der Nationalbank kommen. Und weil es bis jetzt noch nicht einmal eine Gesamtstrategie der Nationalbank für die Lagerung der Goldreserven gegeben hat. Das hat auch der Rechnungshof kritisiert. Damals hieß es seitens der OeNB, dass die Goldlagerung im Inland gar nicht notwendig sei – und dass das Gold in London an einem Handelsplatz besser aufgehoben wäre.

Trifft das heute nicht mehr zu?

Doch, doch. Es bleiben ja auch rund 100 Tonnen des österreichischen Goldes weiterhin in London. Und das verstehe ich auch. Aber bisher hat die OeNB alle Fragen zum Gold immer nur abgeblockt.

Auch Holland und Deutschland haben die Rückholung der Goldreserven schon eingeleitet.

Das hat in Asien begonnen. China und kleinere asiatische Länder kaufen seit Jahren stark zu. Russland genauso. Insgesamt sind die Zentralbanken seit 2010 wieder Nettokäufer von Gold, sie entziehen dem Markt also mehr Gold, als sie ihm durch Verkäufe zufügen. Und da ergibt es Sinn, wenn man dieses Gold auch ins eigene Land holt.

Aber warum halten die Zentralbanken überhaupt noch Gold?

Aus Sicherheitsgründen. Zentralbanken können durch Goldkäufe ihre Währungen stärken. Denn Gold ist nichts anderes als die Manifestierung von Vertrauen. Je mehr Gold ich habe, desto mehr Vertrauen haben die Menschen in meine Währung. Unser Geld ist heute ja nichts anderes als ein Schuldschein. Wenn ich Ihnen Ihr Auto abkaufe und morgen zahle, entsteht eine Schuld bis morgen. Wenn ich dann bezahlt habe, ist diese Schuld aber nicht gelöscht – sondern nur auf die EZB übertragen, die Ihnen garantiert, dass das Geld Kaufkraft hat. Nur Gold und Silber sind die ultimativen Schuldenlöscher. Und die Zentralbanken decken sich jetzt selbst mit diesen Schuldenlöschern ein.

Es scheint, als würde Österreich hier relativ rasch handeln.

Österreich ist tatsächlich ein traditionelles Goldland. Mit dem Philharmoniker kommt eine der wichtigsten Goldmünzen aus Wien.

Der Goldpreis ist ja seit 2011 wieder gefallen. Trotzdem kaufen die Zentralbanken zu.

Der Goldpreis interessiert die Zentralbanken in diesem Zusammenhang nicht. Dinar, Pfund, Mark – das waren alles einmal Gewichtseinheiten, weil die Währungen ursprünglich als eine bestimmte Menge Gold oder Silber definiert waren. Die Währungshüter dürften sich bis heute nur für das Gewicht der Goldreserven interessieren – und kaum für deren Preis. Der Begriff Goldpreis ist auch irreführend. In Wahrheit ist der Wert von Gold relativ stabil. Es ist der Wert der Währungen, der stark fluktuiert.

Was hat es mit dem chinesischen Goldhunger auf sich?

China kämpft mit allen Mitteln, um die internationale Akzeptanz seiner Währung zu stärken. Und wie macht es das? Mit Gold. Peking dürfte schon viel mehr Gold haben, als man zugibt. Der offizielle chinesische Goldbestand wurde seit 2009 nicht mehr aktualisiert, aber dass China immer mehr Gold importiert, ist ein offenes Geheimnis. Und da schließt sich auch der Kreis zu Österreich. China hat begonnen – und jetzt versuchen viele, an ihr Gold zu kommen. Wohl wissend, dass es sich im Fall einer internationalen Währungskrise lohnt, einen Gutteil seines Goldes zu Hause zu haben.

Warum dann diese Geheimnistuerei beim Gold?

Gute Frage. Eigentlich sollte es in einer Demokratie das Wort Geheimnis ja gar nicht geben. Es gibt nichts, was vor dem Wähler geheim sein darf. Und genauso ist es mit dem Gold. Das ist Kapital, das unsere Eltern und Großeltern erarbeitet haben. Dieses Gold gehört uns, nicht der Nationalbank. (jil)

ZUR PERSON

Der Obersteirer Thomas Bachheimer (49) ist ausgebildeter Börsenhändler und hat in Dublin, München und Zürich mit Rohstoffen und Derivaten gehandelt. Der Ölexperte war von 2004 bis 2012 als Analyst bei CNBC und N-TV zu sehen. Heute fungiert er als Europachef des Goldstandard-Instituts und ist Mitarbeiter der Plattform Hartgeld.com.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2015)

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