Hypo-U-Ausschuss: „Liebscher intervenierte für Kulterer“

HEINRICH TRAUMUELLER ALS VORSTAND DER FMA NOMINIERT
HEINRICH TRAUMUELLER ALS VORSTAND DER FMA NOMINIERT(c) APA (FOTO KNOLL)
  • Drucken

Der frühere Finanzmarktaufsicht-Vorstand Heinrich Traumüller beklagt politische Interventionen. Er fühlte sich massiv unter Druck gesetzt.

Wien. War es ein Traum? Oder war es Wirklichkeit? So ganz wusste es Heinrich Traumüller, ehemaliger Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA), selbst nicht einzuschätzen, was er am Donnerstag vor dem Hypo-Untersuchungsausschuss erzählt hatte. „Ich denke oft, ich habe es nur geträumt“, sagte er den staunenden Abgeordneten. Wie „Fetzen aus einer Nebelwolke“ seien seine Erinnerungen an jenes „irritierende“ und „sehr emotionale“ Gespräch, das die FMA-Vorstände mit ihrem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden geführt haben und bei dem er nahe daran gewesen sei, den Raum zu verlassen und seinen Rücktritt zu erklären.

Beim Gesprächspartner handelt es sich um Klaus Liebscher, damals Gouverneur der Nationalbank. Er habe den FMA-Vorständen in einer entscheidenden Situation nicht den Rücken gestärkt, sondern sie konterkariert: Es ging um die Absetzung der Hypo-Vorstände nach Bekanntwerden der Swap-Verluste im Jahr 2006. Man solle „nicht so grauslich sein“ und die Herren (gemeint sind Vorstandschef Wolfgang Kulterer und sein Stellvertreter, Günter Striedinger) besser im Amt belassen.

Traumüller hat sich in der damaligen Zeit massiv unter Druck gesetzt gefühlt. Nach Interventionen von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider und der Bank selbst hat Finanzminister Karl-Heinz Grasser ein Absetzungsverfahren gegen die FMA-Vorstände eingeleitet. Haider habe das System Hypo mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen wollen, und zwar auch mit solchen, „die eines zivilisierten Landes nicht würdig waren“. Die FMA war „wild entschlossen“, die Vorstände hinauszuwerfen. Man habe gewusst, dass Bankchef Kulterer gehen muss, um die Kultur in der Bank nachhaltig zu ändern. Daran ist die FMA letztlich gescheitert: Kulterer wechselte vom Vorstand an die Spitze des Aufsichtsrats.

Aufhorchen ließ Traumüller mit der Mitteilung, dass er Bundeskanzler Wolfgang Schüssel eingehend über den Zustand der Hypo Alpe Adria informiert habe. Bei einem längeren Spaziergang durch den Burggarten habe er die Lage der Bank „offen und deutlich“ dargestellt. Schüssel wird nun auch als Zeuge im U-Ausschuss geladen.

Generell erzählte Traumüller, wie er die Hypo als Problembank wahrgenommen habe. Alarmzeichen habe es viele gegeben: Die geringe Eigenkapitalausstattung, die Geschäftstätigkeit in Südosteuropa, das Klumpenrisiko mit vielen Immobilien- und Fremdwährungskrediten oder Geschäfte über Liechtenstein, bei denen der Verdacht nahelag, dass Dinge verschleiert werden. Auch habe die Bank nicht die Managementkapazitäten für den von ihr eingeschlagenen Wachstumskurs gehabt. Gezeigt habe sich das beispielsweise beim Treasury, das die FMA schon vor Aufkommen der Swap-Verluste kritisiert habe. Auch die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Managements sei ein Alarmsignal gewesen. Nach Aufkommen der Swap-Verluste sei Kulterer nicht erreichbar gewesen.

Freibrief für Haftungsorgie

Scharfe Kritik äußerte Traumüller beim Kärntner Landtag. Dessen Zustimmung zu den Haftungen sei ein „Freibrief für eine Haftungsorgie“ gewesen. Dass die Haftungen unbeschränkt und praktisch ohne Auflagen vergeben wurden, „ist für mich nicht nachvollziehbar“. Das sei „ein großer Sündenfall“ gewesen. In anderen Bundesländern habe es auch Haftungen gegeben, in Wien sogar bis zu 121 Mrd. Euro, aber da sei man bestrebt gewesen, die Volumina abzuschmelzen und sie nicht noch auszuweiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.