Die "zufällige" Prüfung nach der Behördenkritik

Die Presse (Clemens Fabry)
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Einen Tag nach einer „Presse“-Geschichte kamen die Beamten in die Goldschmiedewerkstatt von Max Semler.

Es gibt Zufälle, die sind so unglaublich, dass es eigentlich tatsächlich Zufälle sein müssen. Wie der gestern in Wien. Kaum hatte Max Semler am Montag um 10 Uhr sein Juweliergeschäft in der Wiener Innenstadt aufgesperrt, stellte sich auch schon ein Herr der Magistratsabteilung 36 vor. Er sei hier für eine Anlagenkontrolle, prüfe also, ob alles in der Goldschmiedewerkstatt den Vorschriften entspreche.

Zufall? Man muss sich deshalb fragen, weil Max Semler ein Beispiel in einer Geschichte in der "Presse am Sonntag" war: In "Wenn Stufen eine Stiege sind" ging es um mühsame Auflagen der Behörde gegen Unternehmer. Und während sich andere Selbstständige nicht mit Namen nennen ließen, stand Semler zu den Problemen, die ihm die Behörde machte. Unter anderem: ein Hammer in seiner Werkstatt, der etwas zu groß und etwas zu schwer war.

Eine Betriebsprüfung einen Tag nach Erscheinen der Artikels – Zufall? Ja, antwortet zumindest die Magistratsabteilung 36. Man werde über Aufforderung des Magistratischen Bezirksamts, Gewerbebehörde, aktiv. Und deren Aufforderung zur Prüfung des Verkaufsgeschäfts und der Werkstatt von Juwelier Semler sei bereits am 7. Mai bei der MA36 eingegangen. Man arbeite die Aufträge nach und nach ab – und dieser Auftrag sei eben gerade am Montag erfüllt worden.

Böse Zungen meinen, dass es tatsächlich Zufall sein muss, weil Behörden gar nicht so schnell arbeiten. Ein Tag zwischen Kritik und zusätzlicher Prüfung – geht nicht! Andere meinen, die Behörde sei immer dann schnell, wenn es zu ihrem eigenen Vorteil sei. Siehe Finanzamt und den zeitlichen Unterschied zwischen der Überweisung einer Gutschrift und der Einforderung einer Steuerschuld.

Wie auch immer, Zufall oder nicht, ein Unternehmer wird sich jedenfalls bestätigt fühlen: Er wollte in der Sonntagsgeschichte nicht namentlich genannt werden, "weil ich mich nicht mit der Behörde anlege".

Mail an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)

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