Hypo-Ausschuss: Schaden ist „nicht wieder gutzumachen“

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Erich Kandler, Ex-Wirtschaftsprüfer der Kärntner Bank, berichtet über politische Interventionen und seltsame Nichtreaktionen der Notenbank-Spitze.

Wien. Der Wirtschaftsprüfer und ehemalige Partner von Deloitte, Erich Kandler, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: Die Hypo-Notverstaatlichung im Jahr 2009? „Es war irgendwie wie FC Bayern gegen . . . jedenfalls nicht Barcelona.“ Der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider? „Hat die Entwicklung der Hypo ultimativ beeinflusst.“ Der Schaden? „Nicht wieder gutzumachen!“ Sein Wunsch für die Zukunft? „Der Staat und die politischen Parteien sollen sich dringend aus dem Wirtschaftsleben und insbesondere aus den Banken heraushalten.“ Denn dann, so Kandler, seien auch Untersuchungsausschüsse wie jener zur Hypo Alpe Adria, zu dem am Donnerstag ins Parlament geladen wurde, nicht mehr notwendig.

Kandler stand dort Rede und Antwort, weil er rund um einen Hypo-Kredit an die kroatische Firma Puris einer Transaktion auf die Spur kam, die auf Kickback-Zahlungen an den damaligen Hypo-Chef, Wolfgang Kulterer, schließen ließen. Er informierte daraufhin Ende Februar 2007 Helmut Ettl, der damals bei der Nationalbank (OeNB) Bankenprüfer war. Ettl, der jetzt Chef der FMA ist, verfasste einen Aktenvermerk, den er an den damaligen Gouverneur Klaus Liebscher und Bankenprüfungschef Andreas Ittner verschickte. Mit der Folge, dass genau gar nichts passierte. Erst sieben Jahre später ist der Fall aufgrund von Recherchen der Soko Hypo wieder aufgetaucht, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

„Absoluter Ausnahmefall“

Der Fall Puris sei das erste und einzige Mal gewesen, dass sich die Wirtschaftsprüfer an die Aufsicht – gemeint ist an Ettl – gewandt hätten, „ein absoluter Ausnahmefall“, so Kandler im U-Ausschuss. Der Grund für sein Telefonat mit Ettl: „Wir wollten die Notenbank fragen: Seid ihr schon dran? Oder stören wir eure Kreise, wenn wir zu prüfen beginnen?“ Ettl habe „sehr scharf“ reagiert, erinnert sich Kandler. „Bekomme ich jetzt noch einen Warnbrief?“, habe er von ihm wissen wollen.

Den Aktenvermerk, den Ettl nach dem legendären Telefonat verfasst hat, sehe er zum ersten Mal. Bemerkenswert: „Die drei Herren in der Notenbank, an die er ging, haben nie Kontakt zu mir aufgenommen“, sagt Kandler.

Wie es nach dem Anruf dann rund um Puris weiterging, erzählt der ehemalige Deloitte-Partner als Nächstes. Deloitte habe dem damaligen Aufsichtsratschef Kulterer einen Fragenkatalog übermittelt. Dieser habe „recht heftig“ reagiert und sei alles andere als „amused“ gewesen, dass man die Causa überhaupt hinterfragt. Doch nachdem Kulterer eine ausführliche Darstellung abgegeben habe, „gab es keine Gründe“, warum man dessen Ausführungen keinen Glauben hätte schenken sollen: „Damit war es für uns aus“, sagt Kandler zum Ende der Puris-Untersuchungen.

Die Kombination Kulterer und Haider sei eine nicht besonders glückliche gewesen, sagt Kandler. „Was man sich eigentlich fragen muss: Wenn ich Eigentümer bin und zu mir kommt der Vorstand und erzählt, er habe vergessen zu sagen, dass er 300 Millionen Verlust gemacht hat – bei mir kommt der nicht in den Aufsichtsrat.“

Welche Rolle spielte Moser?

Für Aufregung sorgte ein Dokument der Staatsanwaltschaft München aus dem Jahr 2013, das der grüne Werner Kogler vorlegte. Es geht darin um den Wirtschaftsprüfer Karl-Heinz Moser. Ob dieser zum Inner Circle der Hypo gehört habe, wollte Kogler wissen. „Das weiß ich nicht“, so Kandler. Moser, einer der Mitbegründer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Confida, mit der Deloitte von 2004 bis 2006 gemeinsam die Hypo prüfte, war bis September 2006 Aufsichtsratsvorsitzender der Hypo.

In einer anonymen Anzeige, die der Staatsanwaltschaft übermittelt wurde, werden schwere Vorwürfe gegen Moser in auffallend scharfem Ton erhoben: Er habe 2004 den Prüfauftrag für die Hypo an Deloitte vergeben, und zwar an seinen dort tätigen Freund beziehungsweise „Unterstützer seiner Machenschaften“, Gottfried Spitzer. Weiter heißt es in dem Papier sinngemäß: Spitzer habe unter dem Mantel Deloittes für die Hypo „betrügerische Testate“ erstellt. Offenbar stehen auch Schadenersatzansprüche im Raum, die von der Bayern LB gegen die Confida und Deloitte geltend gemacht werden können. Kandler wollte zu den schweren Vorwürfen nichts sagen, außer, dass an ihnen nichts dran sein dürfte.

Auch Deloitte reagiert prompt und weist die Vorwürfe strikt zurück. Laut einem Deloitte-Sprecher hat Deloitte-Prüfer Spitzer den Hypo-Aufsichtsratschef Moser vor 2004 gar nicht gekannt. Spitzer sei es zudem gewesen, der 2006 das Bilanztestat zurückgezogen habe, und zwar in einer Zeit, in der Moser Aufsichtsratschef gewesen sei. Deloitte sei von Hypo-Vorstand und Aufsichtsrat immer als ein „notwendiges Übel“ betrachtet worden. Die Bank habe gegenüber Deloitte sogar ein Hausverbot ausgesprochen..

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2015)

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