Erste-Chef Treichl: Sparer zahlen für EZB-Geldschwemme

Die Presse (Clemens Fabry)
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Andreas Treichl ist neuer Obmann der WKÖ-Bankensparte. Kritik übt er an der "extrem kurzsichtigen" Politik in Österreich.

Erste-Group-Chef Andreas Treichl sagt im Gespräch mit der APA, die Sparer zahlen für die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) mit niedrigen Zinsen für ihre Guthaben. Zugleich führe die große Liquidität dazu, dass die Kreditwürdigkeit der Banken für ihre Geldaufnahme eine geringere Rolle spielt. Das sei bedenklich.

Treichl wurde am Donnerstag einstimmig zum neuen Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer gewählt. Er folgt damit Walter Rothensteiner, der nach 18 Jahren nicht mehr wiedergewählt werden konnte.

"In zwei Jahren stark zurückgefallen"

In seiner neuen Funktion hat sich der Erste-Chef zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit zwischen Politik und Finanzwirtschaft zu verbessern. Davon würde der Standort Österreich profitieren. "Österreich ist in den letzten zwei Jahren relativ stark zurückgefallen" stellt Treichl fest. "Das hat damit zu tun, dass der Wirtschaft die Motivation fehlt, zu investieren". Das könnte man rasch wieder aufholen, wenn es zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Politik und Banken käme.

In Österreich sei "das Vertrauen abhandengekommen", dass der Staat bereit ist, "mit eisernem Willen zu sparen". Die Politik habe das Sicherheitsbedürfnis von Konsumenten und Unternehmen unterschätzt. Die Bürger wollen die Gewissheit, dass ihre Jobs sicher sind und die Einkommen steigen, die Firmen wollen sich darauf verlassen, dass ihre Investitionen Sinn haben. Man müsse zwar noch abwarten, wie sich die geplante Steuerreform auswirkt, aber: "Ich habe da meine Zweifel, dass die Steuerreform dazu geführt hat, dass die Sicherheit für unternehmerische Entscheidungen zurückgekehrt ist." Für die Bürger habe die Reform "den relativ bitteren Beigeschmack", dass die Progression das höhere Nettoeinkommen rasch wieder "auffressen" werde.

Keine konzertierte Aktion gegen Hypo

Einige Banken in Österreich sind gegen das "Hypo-Sondergesetz" - das manche Gläubiger schlechter stellt - sowie gegen das Zahlungsmoratorium der FMA für alle Heta-Schulden rechtlich vorgegangen. Ein konzertierte Aktion wird es laut Treichl aber "sicher nicht" geben. In Deutschland sei der Widerstand gegen diese Entscheidungen deutlich schärfer. Im Nachbarland gebe es viele Finanzinstitutionen, die deshalb "massiv den Ruf des österreichischen Finanzmarktes infrage stellen und uns das auch spüren lassen".

Ein größeres Problem ist für die heimischen Banken aber die unverändert hohe Bankensteuer. Sie soll im Laufe der fünfjährigen Legislaturperiode drei Milliarden Euro betragen. Die Abgabe sei zehn Mal so hoch wie in Deutschland, kritisiert Treichl: "An und für sich ist es erschütternd, dass wir darüber diskutieren müssen." Denn die Politik habe am Anfang gesagt, dass es die Bankenabgabe nur so lange geben werde, bis eine gesamteuropäische Absicherungen komme. "Jetzt gibt es die europäische Einlagensicherung, jetzt gibt es den europäischen Abwicklungsfonds, und ich würde es eine Selbstverständlichkeit finden, dass die Politik von sich aus sagt, wir halten uns an das, was wir gesagt haben. Dass ich damit nicht richtig liege, ist extrem bedauerlich", sagt Treichl. Das untergrabe das Vertrauen in den Staat.

Zumindest müsste man die österreichische Bankensteuer um die Zahlungen, die die heimischen Banken in die europäischen Töpfe einzahlen, verringern, erinnerte Treichl an eine Forderung des heimischen Finanzsektors. Dann wäre die Belastung nicht mehr zehn Mal sondern drei Mal so hoch wie in Deutschland "und da sagen wir dann, wir freuen uns darüber", so Treichl. Es sei "extrem kurzsichtig" von der österreichischen Politik, "sich von einem Sektor durch die weltweit höchste Substanzsteuer Geld hereinzuholen".

Lage in Osteuropa "unter Kontrolle"

Zugleich fordert die Aufsicht von den heimischen Banken den Aufbau von immer mehr Kapital. Grundsätzlich brauchen Banken acht Prozent Kernkapital, die österreichischen Großbanken haben aber, vor allem aufgrund des Risikos in Osteuropa, einen zusätzlichen Kapitalpuffer von weiteren drei Prozent vorgeschrieben bekommen. Das sei der höchste zusätzliche Kapitalpuffer, den eine nationale Aufsicht vorschreiben kann, so Treichl. Er habe nichts gegen die Bankensteuer, allerdings halte er den höheren Puffer aufgrund des Risikos in Osteuropa "natürlich nicht" für gerechtfertigt. Denn die Risikolage sei in den meisten osteuropäischen Ländern inzwischen unter Kontrolle.

(APA)

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