„Man nimmt uns das übel“

Willibald Cernko
Willibald Cernko(c) Die Presse - Clemens Fabry
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Verbandschef Willibald Cernko erlebt in Deutschland eine starke „anti-österreichische“ Stimmung wegen des Hypo-Sondergesetzes.

Wien. Willibald Cernko bleibt seinen Herzensanliegen treu. Vor einem Jahr kritisierte der Chef der Bank Austria und des Bankenverbands heftig das Hypo-Sondergesetz, durch das nachrangigen Gläubigern der Pleitebank trotz Garantien des Landes Kärnten ein Totalverlust droht. Wie richtig er mit seiner Kritik gelegen sei, zeige ein aktueller Blick zum großen Nachbarn: „Wenn sie heute versuchen, in Deutschland österreichische Anleihen zu platzieren, dann werden sie etwas zu hören bekommen. Wir haben da etwas angerichtet. Man nimmt uns das übel. Es herrscht eine absolut schlechte, anti-österreichische Stimmung“, sagte der oberste Bankenvertreter am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.

Ein Dorn im Auge bleibt Cernko auch die Bankenabgabe. Bei ihrer Einführung sei sie für den Sektor ein „Akt der Solidarität“ gewesen. Mündlich habe man mit der Politik von Anfang an ausgemacht, dass diese Belastung wegfällt, sobald es ein europäisches Sicherungsystem gibt. Heute steht es: mit der gemeinsamen Aufsicht in der Bankenunion, dem EU-Abwicklungsfonds und der EU-Einlagensicherung. Die Bankenabgabe aber lässt sich der österreichische Staat, dem sie jährlich 640 Mio. Euro einbringt, nicht mehr nehmen. Wegen seiner Budgetnöte, und weil „die Banken die Bösen sind – diese Karte will man sich nicht aus der Hand nehmen lassen“. Der Bankenverband rechnet vor: Bisher haben die heimischen Institute 2,9 Mrd. Euro an Bankenabgabe abgeführt. Damit hätten die Institute 38 Mrd. Euro an zusätzlichen Krediten vergeben können.

Oder alternativ den geforderten Kapitalaufbau vorantreiben, durch eine Erhöhung der Eigenkapitalquote von 11,8 auf 12,3 Prozent. Der Verband fordert nun zumindest, die neuen EU-Belastungen anzurechnen, damit die Gesamtbelastung nicht noch weiter auf eine Milliarde Euro ansteigt: „Eine Kuh kann man nicht gleichzeitig zweimal melken.“ Denn die heimischen Banken seien jetzt schon nicht mehr ausreichend profitabel, beklagt Cernko. Auf dem Kapitalmarkt gefordert werde eine Rendite des Eigenkapitals von acht bis elf Prozent (der obere Wert, wenn die Bank stark in Osteuropa engagiert ist). Das sei nicht mehr möglich. Besonders kleinere Banken seien mit den Kosten der „überschäumenden Regulierungsflut“ überfordert. Die im Übrigen „kein Ende nimmt“, wenn man an jüngste Beschlüsse wie Kontenregister und Datenaustausch denkt. „Weniger wäre hier mehr“, meint Cernko und plädiert für eine „Pause“, um zu „reflektieren, was sich wirklich bewährt hat“.

Stärkerer Abbau von Filialen

Durch die immer komplexeren Aufgaben der Regulierung bleibe viel zu wenig Zeit für Zukunftsthemen. Dabei stehe dem Sektor ein großer Umbruch durch die fortschreitende Digitalisierung bevor. Vor allem das Mobile Banking, die Abwicklung von Bankgeschäften auf dem Smartphone, gewinnt stark an Bedeutung. Der Abbau von Filialen werde noch deutlich höher ausfallen, als Cernko selbst ihn nach wenigen Jahren erwartet hatte – vor allem außerhalb der Ballungsräume. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2015)

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